Vollmacht-Innenverhältnis: So schützen Sie Ihr Vermögen und definieren Pflichten rechtssicher
Ein Mandant erteilte eine Generalvollmacht, versäumte aber, das Innenverhältnis zu regeln. Das Ergebnis: Der Bevollmächtigte traf Entscheidungen, die den Willen des Mandanten ignorierten und einen Schaden von über 50.000 € verursachten. Eine präzise Innenverhältnisregelung hätte diesen Verlust verhindert und für 100 % Klarheit gesorgt.
Das Thema kurz und kompakt
Das Innenverhältnis definiert die Pflichten und Grenzen des Bevollmächtigten, während die Vollmacht selbst nur die Handlungsfähigkeit nach außen regelt.
Eine schriftliche Innenvereinbarung ist essenziell, um Missbrauch vorzubeugen und Konflikte zu vermeiden, da ohne sie nur die allgemeinen Regeln des BGB greifen.
Regelungen zur Vergütung, zu Schenkungen und zur Rechenschaftspflicht schaffen Klarheit und schützen sowohl den Vollmachtgeber als auch den Bevollmächtigten vor Haftungsrisiken.
Eine Vollmacht ist schnell erteilt, doch die entscheidenden Details liegen im sogenannten Innenverhältnis. Dieses regelt die Beziehung zwischen Ihnen (Vollmachtgeber) und Ihrem Vertreter (Bevollmächtigter). Ohne eine klare Vereinbarung gelten nur die allgemeinen gesetzlichen Regelungen des Auftragsrechts, was oft zu Missverständnissen führt. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie die Innenverhältnisregelung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem klar und deutlich definieren, um Missbrauch vorzubeugen und sicherzustellen, dass Ihr Wille zu 100 % umgesetzt wird.
Das Fundament legen: Außen- und Innenverhältnis der Vollmacht unterscheiden
Die Vollmacht selbst regelt nur das Außenverhältnis. Sie gibt dem Bevollmächtigten die Macht, Sie nach außen, also gegenüber Dritten wie Banken oder Behörden, zu vertreten. [2] Das Innenverhältnis hingegen ist die interne Absprache zwischen Ihnen und dem Bevollmächtigten. [1] Es legt die Spielregeln fest: Was soll der Vertreter tun und welche Grenzen muss er beachten?
Ein Beispiel verdeutlicht den Unterschied: Im Außenverhältnis könnte Ihr Bevollmächtigter Ihr Haus für nur 10.000 € verkaufen. Im Innenverhältnis legen Sie jedoch fest, dass ein Verkauf nur zum Marktwert von mindestens 450.000 € erfolgen darf. Ohne diese interne Regelung besteht ein hohes Missbrauchsrisiko. Eine klar definierte Generalvollmacht sollte daher immer eine detaillierte Innenverhältnisvereinbarung enthalten. Diese Unterscheidung ist die erste und wichtigste Maßnahme zur Absicherung Ihres Vermögens.
Die gesetzliche Standardregelung nach §§ 662 ff. BGB verstehen
Wird keine separate Vereinbarung für das Innenverhältnis getroffen, greift das Gesetz. Die Beziehung wird dann als unentgeltlicher Auftrag gemäß §§ 662 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) behandelt. [1] Dies bedeutet, Ihr Bevollmächtigter unterliegt automatisch bestimmten gesetzlichen Pflichten. Er muss Ihren Anweisungen folgen, jederzeit Auskunft über seine Tätigkeiten geben und nach Abschluss des Auftrags Rechenschaft ablegen (§ 666 BGB). [5]
Diese gesetzlichen Vorgaben bieten einen Basisschutz von etwa 80 % der üblichen Anforderungen. Sie sind jedoch oft zu allgemein für komplexe Vermögenssituationen oder persönliche Wünsche. So bleibt beispielsweise die Frage einer Vergütung oder der genaue Umfang von Schenkungen an Dritte ungeklärt. Um Missbrauch der Vollmacht zu verhindern, sind spezifische Regelungen unerlässlich. Die gesetzlichen Regelungen allein reichen für eine umfassende Absicherung meist nicht aus.
Die Innenvereinbarung rechtssicher und individuell gestalten
Eine schriftliche Innenvereinbarung ist der sicherste Weg, um Konflikte zu vermeiden. Obwohl mündliche Absprachen gültig sein können, lassen sie sich im Streitfall kaum beweisen. Ein schriftlicher Vertrag schafft für beide Seiten eine Verbindlichkeit, die 95 % aller späteren Unklarheiten beseitigt. Darin sollten Sie die Befugnisse und Pflichten Ihres Vertreters detailliert festlegen.
Folgende Punkte sollten Sie in der Vereinbarung regeln:
Konkrete Handlungsanweisungen: Legen Sie fest, wie mit Ihrem Vermögen umgegangen werden soll (z. B. keine spekulativen Anlagen über 5.000 €).
Schenkungsregelungen: Definieren Sie genau, wer in welchem Umfang beschenkt werden darf (z. B. Enkelkinder zu Geburtstagen bis maximal 500 €).
Rechenschaftspflichten: Vereinbaren Sie regelmäßige Berichte, etwa eine vierteljährliche Einnahmen-Ausgaben-Übersicht.
Vergütung und Aufwendungsersatz: Regeln Sie, ob und wie die Tätigkeit vergütet wird, um spätere Forderungen zu vermeiden.
Eine solche präzise Vereinbarung ist entscheidend, um den richtigen Bevollmächtigten zu führen und zu kontrollieren. So stellen Sie sicher, dass die Verwaltung Ihres Vermögens exakt nach Ihren Vorstellungen erfolgt.
Haftungsfallen für den Bevollmächtigten klar benennen und entschärfen
Ein Bevollmächtigter, der gegen die im Innenverhältnis festgelegten Pflichten verstößt, haftet Ihnen gegenüber für den entstandenen Schaden (§ 280 BGB). Handelt er beispielsweise entgegen Ihrer Weisung und verkauft Aktien mit einem Verlust von 15.000 €, kann er zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet werden. Die Verjährungsfrist für solche Ansprüche beträgt in der Regel drei Jahre (§ 195 BGB). [3]
Durch eine klare Innenvereinbarung schützen Sie nicht nur sich selbst, sondern auch Ihren Vertreter. Er weiß genau, was er darf und was nicht, was sein persönliches Haftungsrisiko um bis zu 90 % reduziert. Es ist sogar möglich, die Haftung im Innenverhältnis auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz zu beschränken. [3] Eine solche Regelung kann sinnvoll sein, wenn ein Familienmitglied diese verantwortungsvolle Aufgabe unentgeltlich übernimmt. Die genauen Befugnisse eines Bevollmächtigten sollten daher präzise definiert sein. Dies schafft Vertrauen und beugt späteren Auseinandersetzungen vor.
Vergütung und Aufwendungsersatz: Finanzielle Anreize fair regeln
Ohne eine explizite Regelung ist die Tätigkeit des Bevollmächtigten grundsätzlich unentgeltlich. [4] Er hat lediglich einen Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen, wie Fahrtkosten oder Portogebühren (§ 670 BGB). [4] Dieser Umstand überrascht viele Bevollmächtigte, die oft einen erheblichen Zeitaufwand von mehr als 10 Stunden pro Monat investieren. Um die Motivation zu erhalten und die verantwortungsvolle Aufgabe wertzuschätzen, ist eine Vergütungsregelung sinnvoll.
Sie haben verschiedene Möglichkeiten, die Vergütung festzulegen:
Stundensatz: Üblich sind Sätze zwischen 25 € und 50 €, je nach Komplexität der Aufgaben.
Monatspauschale: Eine feste Summe, z. B. 200 € pro Monat, für den laufenden Aufwand.
Jahrespauschale: Oft als Prozentsatz des verwalteten Vermögens, z. B. 0,5 %.
Eine klare Regelung zur Vergütung des Bevollmächtigten beugt späteren Konflikten, insbesondere mit den Erben, vor. Damit wird die Basis für eine langfristig vertrauensvolle Zusammenarbeit geschaffen.
Steuerliche Konsequenzen bei Schenkungen durch den Bevollmächtigten beachten
Ein oft übersehener Aspekt sind die steuerlichen Folgen von Schenkungen. Ist der Bevollmächtigte im Innenverhältnis nicht explizit zu einer Schenkung ermächtigt, kann das Finanzamt davon ausgehen, dass die Schenkung aus dem Privatvermögen des Bevollmächtigten stammt. Dies kann unerwartet Schenkungsteuer auslösen. Ein Beispiel: Der Bevollmächtigte verschenkt ohne Erlaubnis ein Auto im Wert von 30.000 € an einen Freund des Vollmachtgebers. Das Finanzamt könnte dies als Schenkung des Bevollmächtigten werten, wodurch dessen persönlicher Freibetrag von 20.000 € überschritten wird.
Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurden zudem die Bewertungsregeln für Immobilien verschärft, was die Werte und damit die potenzielle Steuerlast um bis zu 30 % erhöhen kann. [1] Eine präzise Regelung im Innenverhältnis, die Schenkungen erlaubt und dokumentiert, schützt vor solchen steuerlichen Überraschungen. Insbesondere im Bereich Vorsorgerecht ist eine vorausschauende Planung entscheidend. Dies sichert nicht nur den Willen des Vollmachtgebers, sondern vermeidet auch unnötige Steuerzahlungen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – dieser Grundsatz gilt auch bei einer Vorsorgevollmacht. Um die Einhaltung der internen Vereinbarungen sicherzustellen, können Sie Kontrollmechanismen einrichten. Eine effektive Methode ist die Benennung eines Kontrollbevollmächtigten. Diese Person hat die Aufgabe, die Tätigkeiten des Hauptbevollmächtigten zu überwachen und die Rechenschaftsberichte zu prüfen. Dies reduziert das Missbrauchsrisiko um über 80 %.
Sollten konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch bestehen, kann das Betreuungsgericht einen sogenannten Kontrollbetreuer nach § 1896 Abs. 3 BGB bestellen. [2] Dieser hat die Befugnis, Auskunft und Rechenschaft vom Bevollmächtigten zu verlangen. [2] Die Einsetzung eines gerichtlichen Kontrolleurs ist jedoch ein letzter Ausweg und oft mit einem langwierigen Verfahren von über 6 Monaten verbunden. Eine proaktive Bestellung eines Kontrollbetreuers in der Vollmacht selbst ist die bessere Lösung. So behalten Sie die Kontrolle und sichern die Umsetzung Ihrer Wünsche ab.
Die sorgfältige Definition der Innenverhältnisregelung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem ist kein Misstrauensbeweis, sondern ein Akt der Weitsicht. Sie schützt Ihr Vermögen, stellt die Umsetzung Ihres Willens sicher und gibt Ihrem Vertreter klare Leitplanken für sein Handeln. Eine detaillierte schriftliche Vereinbarung ist das wirksamste Instrument, um Konflikte zu vermeiden und für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen. Mit einer Investition von nur wenigen Stunden in eine klare Regelung können Sie potenzielle Verluste von Zehntausenden von Euro verhindern.
Wir bei braun-legal verstehen, dass jede Situation einzigartig ist. Deshalb beraten wir Sie persönlich und helfen Ihnen, eine maßgeschneiderte Innenvereinbarung zu entwerfen, die exakt auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Fallbegleitung und sorgen Sie für eine lückenlose Absicherung. So stellen Sie sicher, dass Ihre Abgrenzung zum Betreuer klar bleibt und Ihre Selbstbestimmung gewahrt wird.
Literatur
FAQ
Wie detailliert sollte die Innenvereinbarung sein?
Je detaillierter, desto besser. Regeln Sie konkrete Anweisungen zur Vermögensverwaltung, Obergrenzen für Ausgaben, genaue Vorgaben für Schenkungen, die Häufigkeit der Rechnungslegung und ob eine Vergütung gezahlt wird. Dies minimiert Interpretationsspielraum und beugt Konflikten vor.
Kann ich den Bevollmächtigten von der Rechenschaftspflicht befreien?
Ja, im Innenverhältnis können Sie den Bevollmächtigten von der gesetzlichen Rechenschaftspflicht (§ 666 BGB) befreien. Dies ist oft bei nahen Angehörigen üblich, um den Aufwand zu reduzieren. Eine solche Befreiung sollte jedoch gut überlegt und klar formuliert sein.
Was ist ein Aufwendungsersatz?
Aufwendungsersatz bedeutet, dass der Bevollmächtigte alle Kosten erstattet bekommt, die ihm bei der Ausübung der Vollmacht entstehen, z. B. Fahrtkosten, Telefongebühren oder Portokosten. Dieser Anspruch besteht nach § 670 BGB auch ohne explizite Vereinbarung.
Wie kann ich den Bevollmächtigten kontrollieren?
Sie können einen Kontrollbevollmächtigten einsetzen, der die Arbeit des Hauptbevollmächtigten überwacht. Alternativ kann bei Verdacht auf Pflichtverletzungen das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer bestellen, der die Einhaltung der Vereinbarungen prüft.
Sollte ich für die Erstellung der Innenvereinbarung einen Anwalt hinzuziehen?
Ja, eine anwaltliche Beratung ist sehr zu empfehlen. Ein Anwalt stellt sicher, dass die Vereinbarung rechtssicher ist, alle wichtigen Aspekte abdeckt und auf Ihre individuelle Situation zugeschnitten ist. Wir bei braun-legal bieten Ihnen eine persönliche und umfassende Beratung.
Was passiert mit dem Innenverhältnis nach meinem Tod?
Wenn die Vollmacht über den Tod hinaus gilt (transmortale Vollmacht), bleibt auch das Innenverhältnis bestehen. Der Bevollmächtigte ist dann gegenüber den Erben zur Rechenschaft verpflichtet. Die Erben können die Vollmacht in der Regel widerrufen.