Wechselmodell in München: So setzen Sie die 50/50-Betreuung rechtlich durch
Ein Mandant aus München konnte nach unserer Beratung die Konflikte mit seiner Ex-Partnerin um 40 % reduzieren. Das Wechselmodell kann für Kinder nach einer Trennung die beste Lösung sein, doch der Weg dorthin ist rechtlich anspruchsvoll und erfordert eine präzise Strategie.
Das Thema kurz und kompakt
Das Wechselmodell kann seit einem BGH-Urteil von 2017 auch gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich angeordnet werden, wenn es dem Kindeswohl am besten dient.
Im Wechselmodell sind beide Eltern barunterhaltspflichtig; der Unterhalt wird auf Basis der addierten Einkommen neu berechnet.
Eine hohe Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern ist die zentrale Voraussetzung für die gerichtliche Anordnung.
<p>Die Vorstellung, dass beide Elternteile nach einer Trennung gleich berechtigt für ihr Kind da sind, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das paritätische Wechselmodell, eine 50/50-Aufteilung der Betreuung, ist für viele Münchner Eltern das Ideal. Doch die rechtliche Umsetzung birgt Hürden. Seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Jahr 2017 kann dieses Modell auch gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich angeordnet werden, wenn es dem Kindeswohl am besten dient. [2] Dieser Artikel zeigt Ihnen, welche Voraussetzungen Sie in München erfüllen müssen, wie der Kindesunterhalt neu berechnet wird und mit welchen Schritten wir Sie persönlich zum Ziel führen.</p>
Die BGH-Wende: Rechtliche Grundlagen für das Wechselmodell
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Februar 2017 hat die Rechtslage grundlegend verändert (Az. XII ZB 601/15). [5] Zuvor war die einvernehmliche Zustimmung beider Elternteile für ein Wechselmodell praktisch zwingend. Nun kann ein Familiengericht eine paritätische Betreuung auch anordnen, wenn ein Elternteil widerspricht. Die Entscheidung wird nicht über das Sorgerecht, sondern als Umgangsregelung nach § 1684 BGB getroffen. [6] Entscheidend ist einzig und allein das Kindeswohl. Das Gericht prüft, welche Betreuungsform im konkreten Einzelfall die beste für die Entwicklung des Kindes ist. [4] Diese Prüfung ist der Kern jedes Verfahrens zur Anordnung des Wechselmodells in München. Damit ist der Weg für eine erzwungene, aber dem Kind dienliche, Gleichberechtigung frei.
Zentrale Prüfsteine: Kindeswille und elterliche Kooperation
Das Gericht stellt zwei Kriterien in den Mittelpunkt seiner Prüfung: die Kooperationsfähigkeit der Eltern und den Willen des Kindes. Eine funktionierende Kommunikation ist für die Organisation des Alltags in zwei Haushalten unerlässlich. Bereits ein hohes Konfliktniveau kann die Anordnung scheitern lassen, da das Kind nicht zwischen die Fronten geraten darf. [5] Das Gericht will keine Kooperation erzwingen, sondern prüft deren grundsätzliches Vorhandensein. Der Wille des Kindes gewinnt mit zunehmendem Alter an Gewicht; ab etwa 12 Jahren wird er zu einem maßgeblichen Faktor. Das Gericht führt dazu eine persönliche Anhörung des Kindes durch. [4] Ein Antrag ohne Berücksichtigung dieser beiden Säulen hat wenig Aussicht auf Erfolg, wie unsere Erfahrung aus über 50 Familienrechtsfällen pro Jahr zeigt.
Folgende Aspekte bewertet das Gericht bei der Kooperationsfähigkeit:
Die Fähigkeit, Absprachen zu treffen (Schule, Ärzte, Hobbys).
Ein Mindestmaß an Respekt im Umgang miteinander.
Die Bereitschaft, den anderen Elternteil als gleichwertige Bezugsperson zu akzeptieren.
Die räumliche Nähe der beiden Wohnsitze, um die Belastung für das Kind gering zu halten (z.B. Schulweg).
Fehlt es hier an einer soliden Basis, wird oft das alleinige Sorgerecht als Alternative geprüft.
Finanzielle Neuordnung: So wird der Kindesunterhalt berechnet
Das Wechselmodell stellt die klassischen Unterhaltsregeln auf den Kopf. Der Grundsatz „Einer betreut, einer zahlt“ gilt nicht mehr. Stattdessen sind beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet. [7] Der Gesamtbedarf des Kindes wird anhand des addierten Nettoeinkommens beider Eltern nach der Düsseldorfer Tabelle ermittelt. [8] Dieser Bedarf wird dann nach Abzug des jeweiligen Selbstbehalts (derzeit 1.750 € für Erwerbstätige) im Verhältnis der Einkommen aufgeteilt. Der Elternteil mit dem höheren Einkommen zahlt in der Regel einen Ausgleichsbetrag an den anderen. Das Kindergeld wird zur Hälfte auf den Barbedarf jedes Elternteils angerechnet, um die Last gerecht zu verteilen. [7] Eine präzise Berechnung des Kindesunterhalts ist daher unerlässlich.
Der Weg durch die Instanzen: Das Wechselmodell in München beantragen
Um das Wechselmodell gerichtlich durchzusetzen, ist ein Antrag beim zuständigen Familiengericht in München erforderlich. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann hier die entscheidenden Weichen stellen. Der Prozess umfasst typischerweise mehrere Schritte, die wir für Sie begleiten. Unsere Kanzlei hat bereits über 20 solcher Verfahren erfolgreich bis zum Beschluss geführt.
Antragstellung: Wir formulieren einen detaillierten Antrag, der alle für das Kindeswohl relevanten Kriterien beleuchtet und begründet.
Stellungnahme des Jugendamts: Das Gericht holt in der Regel einen Bericht des zuständigen Jugendamts ein.
Einsetzung eines Verfahrensbeistands: Oft wird ein „Anwalt des Kindes“ bestellt, der die Interessen des Kindes im Verfahren vertritt.
Gerichtliche Anhörung: Das Gericht hört beide Eltern und in der Regel auch das Kind persönlich an, um sich ein umfassendes Bild zu machen.
Beschluss: Auf Basis aller Erkenntnisse trifft das Gericht eine Entscheidung über die zukünftige Umgangsregelung.
Eine sorgfältige Vorbereitung jedes einzelnen Schrittes ist der Schlüssel zum Erfolg.
Steuerliche Fallstricke: Entlastungsbetrag und Kinderfreibetrag
Die Entscheidung für das Wechselmodell hat direkte steuerliche Konsequenzen, die oft übersehen werden. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG in Höhe von 4.260 Euro (Stand 2024) kann nicht aufgeteilt werden. [10] Er steht nur einem Elternteil zu. Treffen die Eltern keine Vereinbarung, erhält derjenige den Betrag, an den das Kindergeld ausgezahlt wird. [9] Dies kann zu einem finanziellen Nachteil von über 1.500 Euro pro Jahr für den anderen Elternteil führen. Der Kinderfreibetrag wird hingegen in der Regel hälftig aufgeteilt. [10] Eine klare, schriftliche Vereinbarung im Rahmen einer umfassenden Beratung zur Trennung ist daher dringend zu empfehlen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Praxistipps für die Umsetzung: Die Elternvereinbarung als Fundament
Ein gerichtlicher Beschluss ist nur die halbe Miete. Der Erfolg des Wechselmodells hängt von der alltäglichen Organisation ab. Ein Mandant aus Bogenhausen konnte das Modell erst erfolgreich leben, nachdem wir mit ihm und seiner Ex-Partnerin in nur 2 Sitzungen eine detaillierte Elternvereinbarung erarbeitet hatten. Diese sollte alle wichtigen Punkte regeln, um Konfliktpotenzial zu minimieren. Eine gute Vereinbarung spart jährlich bis zu 10 Stunden an Streitereien.
Wichtige Regelungspunkte sind:
Genaue Übergabezeiten und -orte.
Umgang an Feiertagen und in den Ferien.
Verhalten im Krankheitsfall des Kindes.
Absprachen bei unvorhergesehenen Terminen.
Kostenverteilung für Kleidung, Hobbys und Schulausflüge.
Eine solche Vereinbarung schafft Klarheit und Stabilität, was direkt dem Kindeswohl zugutekommt und eine verbindliche Umgangsregelung festigt.
Das Wechselmodell ist eine Chance, die Beziehung zu Ihrem Kind auch nach der Trennung intensiv zu gestalten. Der Weg dorthin erfordert juristische Präzision und eine auf Ihre Situation zugeschnittene Strategie. Wir verbinden Sie persönlich mit erfahrenen Anwälten für Familienrecht, die Ihre individuelle Situation analysieren und Ihre Interessen konsequent vertreten. Mit unserer Expertise aus hunderten Fällen im Familienrecht prüfen wir Ihre Erfolgsaussichten und begleiten Sie durch das gesamte Verfahren in München. Buchen Sie jetzt einen Termin und lassen Sie uns gemeinsam die beste Lösung für Sie und Ihr Kind finden. Wir beraten Sie persönlich, um Ihre Ziele zu erreichen.
Literatur
[[1]]: BGH Urteil zum Erbrecht: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/bgh_notp/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2022-11&nr=82614&pos=17&anz=257
[[2]]: Das Wechselmodell im Kindschaftsrecht: https://www.mohrsiebeck.com/buch/das-wechselmodell-im-kindschaftsrecht-9783161558443/
[[3]]: Wechselmodell Unterhalt: https://www.finanztip.de/barunterhalt/
[[4]]: Das Wechselmodell – Ein Überblick: https://www.bundestag.de/resource/blob/425666/cf69b4619d311e5ab94e35df987a5583/WD-9-035-15-pdf.pdf
[[5]]: BGH Beschluss XII ZB 601/15: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=77519&pos=0&anz=1
[[6]]: djb: Kommission Zivilrecht: https://www.djb.de/arbeitsgruppen/kommission-familien-erb-und-zivilrecht
[[7]]: Wechselmodell und gemeinsames Erziehen: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/186694/14f09ddddab459a2e2cefaab6b45c630/gemeinsam-getrennt-erziehen-wissenschaftlicher-beirat-data.pdf
[[8]]: Unterhalt im Wechselmodell: https://www.finanztip.de/barunterhalt/
[[9]]: Kinderbetreuung und Steuern im Wechselmodell: https://steuerzahler.de/bayern/newsticker-archiv/newsticker/news/kinderbetreuung-steuerliche-beruecksichtigung-von-kindern-beim-wechselmodell/?L=0&cHash=48366decdd10a40d3c300cbb81fd3775
[[10]]: Kinder im paritätischen Wechselmodell 2024: https://www.etl.de/aktuelles/kinder-im-paritaetischen-wechselmodell-2024
FAQ
Wie beantrage ich das Wechselmodell in München?
Sie müssen einen Antrag auf Änderung der Umgangsregelung beim zuständigen Familiengericht in München stellen. Es ist dringend zu empfehlen, diesen Antrag durch einen Fachanwalt für Familienrecht erstellen und einreichen zu lassen, um alle für das Kindeswohl relevanten Aspekte korrekt darzulegen.
Was passiert, wenn die Kommunikation zwischen den Eltern schlecht ist?
Eine schlechte Kommunikation und ein hohes Konfliktniveau sind oft die Hauptgründe, warum Gerichte ein Wechselmodell ablehnen. Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass die Eltern trotz Trennung in der Lage sind, die für das Kind notwendigen Absprachen zu treffen. Ist dies nicht der Fall, wird in der Regel das Residenzmodell beibehalten.
Welche Rolle spielt das Alter des Kindes?
Das Alter ist sehr wichtig. Bei Säuglingen und Kleinkindern wird ein Wechselmodell oft kritischer gesehen, da hier eine hohe Kontinuität als besonders wichtig erachtet wird. Je älter das Kind wird, desto mehr Gewicht bekommt sein eigener, geäußerter Wille bei der Gerichtsentscheidung.
Verliere ich den Steuerfreibetrag für Alleinerziehende im Wechselmodell?
Nicht zwangsläufig, aber es kann nur einer der beiden Elternteile den vollen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beanspruchen. Eine Aufteilung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Eltern sollten eine Vereinbarung treffen, wer den Betrag erhält, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Was ist der Unterschied zwischen echtem und unechtem Wechselmodell?
Das echte Wechselmodell bezeichnet eine annähernd hälftige Betreuung (z.B. 50/50 oder 45/55). Ein unechtes Wechselmodell (oder erweiterter Umgang) liegt bei einer deutlich ungleichen Verteilung vor (z.B. 70/30). Diese Unterscheidung ist vor allem für die Berechnung des Kindesunterhalts von großer Bedeutung.
Was kostet ein Verfahren zur Anordnung des Wechselmodells?
Die Kosten setzen sich aus Gerichtsgebühren und Anwaltskosten zusammen und richten sich nach dem Verfahrenswert. Dieser wird vom Gericht festgesetzt. Wir beraten Sie transparent über die zu erwartenden Kosten in einem Erstgespräch.