Zugewinnausgleich korrigieren: So wehren Sie sich gegen illoyale Vermögensminderungen
Ihr Partner hat nach der Trennung plötzlich 125.000 € weniger Vermögen? Das müssen Sie nicht einfach hinnehmen. Erfahren Sie, wie Sie den Zugewinnausgleich bei illoyalen Vermögensminderungen des Partners korrigieren und sich Ihren gerechten Anteil sichern.
Das Thema kurz und kompakt
Bei Vermögensschwund nach der Trennung muss Ihr Partner beweisen, dass dies nicht illoyal geschah (Beweislastumkehr).
Illoyale Handlungen umfassen ungerechtfertigte Schenkungen, Verschwendung oder gezielte Benachteiligung.
Ein aktuelles BGH-Urteil (Az. XII ZB 558/23) stärkt Ihre Position, indem es die Beweislastumkehr an die reine Differenz zwischen Trennungs- und Endvermögen knüpft.
Stellen Sie sich vor: Mandant A hat während der Ehe über 150.000 € angespart. Zum Zeitpunkt der Scheidung sind davon nur noch 27.000 € übrig. Ein Schock, der bei vielen die Existenz bedroht. Solche Fälle von illoyaler Vermögensminderung sind keine Seltenheit und zielen oft darauf ab, den Zugewinnausgleichsanspruch des anderen Partners zu schmälern. Doch das Gesetz und die aktuelle Rechtsprechung bieten Ihnen wirksame Mittel, um sich zu wehren. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit anwaltlicher Hilfe eine Korrektur des Zugewinnausgleichs durchsetzen und was das für Sie konkret bedeutet.
Die Berechnungsgrundlage: So funktioniert der Zugewinnausgleich
Der Zugewinnausgleich soll für eine faire Teilung des in der Ehe erworbenen Vermögens sorgen. Die Berechnung folgt einem klaren Prinzip mit drei Schritten. Zuerst wird für jeden Partner der individuelle Zugewinn ermittelt. Dafür wird das Anfangsvermögen (Tag der Heirat) vom Endvermögen (Tag der Zustellung des Scheidungsantrags) abgezogen. [4,7]
Ein Beispiel macht es deutlich: Der Mann startet mit 0 € und hat ein Endvermögen von 1.000.000 €. Sein Zugewinn beträgt 1.000.000 €. Die Frau startet mit 50.000 € und ihr Endvermögen liegt bei 450.000 €. Ihr Zugewinn ist also 400.000 €. [4]
Im zweiten Schritt wird die Differenz der beiden Zugewinne gebildet, hier 600.000 €. Der Partner mit dem geringeren Zugewinn hat Anspruch auf die Hälfte dieser Differenz. Im Beispiel stehen der Frau somit 300.000 € als Ausgleichsforderung nach § 1378 BGB zu. [6] Dieses System sichert eine faire Vermögensteilung. Doch diese Berechnung kann durch gezielte Handlungen eines Partners unterlaufen werden.
Der Kern des Problems: Was sind illoyale Vermögensminderungen?
Nicht jede Ausgabe nach der Trennung ist automatisch illoyal. Das Gesetz definiert in § 1375 Abs. 2 BGB drei konkrete Handlungen, die als unzulässig gelten. [5] Kennt man diese, kann man verdächtige Transaktionen besser einordnen.
Folgende Handlungen gelten als illoyal:
Unentgeltliche Zuwendungen: Hierzu zählen Schenkungen an Dritte, die über übliche Anstandsgeschenke hinausgehen. Ein Neuwagen im Wert von 40.000 € für die neue Freundin ist klar illoyal. [4]
Verschwendung: Darunter versteht das Gesetz ein sinnloses Ausgeben von Geld, das in keinem Verhältnis zu den Vermögensverhältnissen steht. Ein luxuriöser Lebensstil allein reicht nicht aus. [2]
Benachteiligungsabsicht: Dies umfasst alle Handlungen, die mit der klarer Absicht erfolgen, den Anspruch des Partners zu schmälern. Das kann der Verkauf einer Immobilie weit unter Wert an einen Freund sein.
Wichtig ist die Abgrenzung: Teure Urlaube oder eine aufwendige Gebisssanierung nach der Trennung gelten in der Regel nicht als Verschwendung. [4] Die genaue Prüfung des Einzelfalls ist entscheidend, um den Zugewinnausgleich bei illoyalen Vermögensminderungen des Partners korrigieren zu können.
Der entscheidende Hebel: Die Beweislast liegt beim Partner
Der größte Vorteil für den geschädigten Partner liegt in der Beweislastumkehr. Normalerweise muss derjenige, der einen Anspruch stellt, diesen auch beweisen. Im Fall von Vermögensminderungen nach der Trennung dreht der Gesetzgeber diesen Grundsatz jedoch um. [1]
Wenn das Endvermögen (Stichtag: Zustellung des Scheidungsantrags) geringer ist als das Vermögen zum Trennungszeitpunkt, muss der ausgleichspflichtige Partner beweisen, dass der Schwund nicht auf illoyalen Handlungen beruht. [5] Er muss also lückenlos und plausibel erklären, wohin das Geld geflossen ist. Kann er das nicht, wird der verschwundene Betrag seinem Endvermögen fiktiv wieder hinzugerechnet.
Diese Regelung ist eine enorme Erleichterung. Sie schützt den Partner, der nach der Trennung oft keinen Einblick mehr in die Finanzen des anderen hat. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hat diese Position nochmals um mehr als 100 % gestärkt. [8] Damit wird der Zugewinn effektiv geschützt.
Ein Fall aus der Praxis: BGH stärkt Ihre Rechte (Az. XII ZB 558/23)
Ein Urteil des BGH vom 13. November 2024 zeigt die immense praktische Bedeutung der Beweislastumkehr. [1] In dem Fall gab ein Ehemann an, zum Trennungszeitpunkt über ein Vermögen von 152.709 € verfügt zu haben. Bei Zustellung des Scheidungsantrags waren davon nur noch 27.014 € vorhanden – eine Differenz von über 125.000 €. [1]
Der Mann konnte den Verbleib des Geldes nicht überzeugend nachweisen. Das Oberlandesgericht hatte die Beweislast fälschlicherweise der Frau aufgebürdet. Der BGH korrigierte dies und stellte klar: Allein die Differenz zwischen dem angegebenen Trennungsvermögen und dem tatsächlichen Endvermögen löst die Beweislastumkehr aus. [8]
Der auskunftspflichtige Ehemann muss den Verbleib des Vermögens belegen. Gelingt ihm das nicht, wird der Fehlbetrag seinem Endvermögen zugerechnet, was den Ausgleichsanspruch der Frau massiv erhöht. Dieses Urteil ist ein klares Signal an alle, die versuchen, ihr Vermögen vor dem Scheidungsverfahren zu manipulieren.
Ihr 4-Punkte-Plan: So sichern Sie Ihren Anspruch
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Partner Vermögen beiseiteschafft, müssen Sie schnell und strategisch handeln. Mit den folgenden vier Schritten können Sie den Zugewinnausgleich bei illoyalen Vermögensminderungen des Partners korrigieren lassen:
Auskunft verlangen: Fordern Sie Ihren Partner unverzüglich auf, Auskunft über sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt zu erteilen. Dieser Auskunftsanspruch ist Ihr Recht nach § 1379 BGB.
Beweise sichern: Dokumentieren Sie alles. Sichern Sie gemeinsame Kontoauszüge, Depotauszüge und andere Belege, solange Sie noch Zugriff darauf haben.
Transaktionen prüfen: Analysieren Sie die Kontobewegungen nach der Trennung genau. Achten Sie auf hohe Bargeldabhebungen, Überweisungen an unbekannte Dritte oder teure Anschaffungen.
Anwaltlichen Rat einholen: Zögern Sie nicht, einen Fachanwalt für Familienrecht einzuschalten. Wir bei braun-legal kennen die Vorgehensweisen und helfen Ihnen, Ihre Ansprüche mit der nötigen Konsequenz durchzusetzen.
Dieses strukturierte Vorgehen ist die Basis, um Ihr Recht erfolgreich einzufordern.
Vorsorge treffen: Wie Sie sich frühzeitig schützen können
Der beste Schutz vor späteren Konflikten ist eine vorausschauende Planung. Auch wenn es ein unangenehmes Thema ist, können vertragliche Regelungen für Klarheit sorgen. Ein Ehevertrag kann den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft individuell anpassen.
So kann beispielsweise der Zugewinnausgleich für den Fall einer Scheidung modifiziert oder sogar ausgeschlossen werden. Dies kann sinnvoll sein, wenn ein Partner ein Unternehmen führt oder erhebliche Vermögenswerte in die Ehe einbringt. Auch während der Ehe geerbtes Vermögen kann so geschützt werden.
Ist die Trennung bereits vollzogen, aber die Scheidung noch nicht eingereicht, bietet eine Scheidungsfolgenvereinbarung eine Möglichkeit, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Eine solche Vereinbarung kann den Zugewinnausgleich fair und verbindlich regeln und so langwierige Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang vermeiden. Wir beraten Sie persönlich, welche Lösung für Ihre individuelle Situation die beste ist.
Literatur
FAQ
Wie kann ich nachweisen, dass mein Partner Vermögen beiseitegeschafft hat?
Sie müssen zunächst den Auskunftsanspruch zum Trennungsvermögen geltend machen. Vergleichen Sie diese Auskunft mit dem Endvermögen. Die Differenz muss Ihr Partner erklären. Indizien wie Kontoauszüge, die hohe Abhebungen oder verdächtige Überweisungen zeigen, stärken Ihre Position.
Mein Partner sagt, er hat das Geld für seinen Lebensunterhalt verbraucht. Reicht das?
Eine pauschale Behauptung reicht nicht aus. Ihr Partner muss konkret darlegen und beweisen, wofür er das Geld ausgegeben hat, insbesondere wenn die Ausgaben in keinem Verhältnis zu seinem bisherigen Lebensstil stehen. Ohne konkrete Nachweise wird das Gericht von einer illoyalen Minderung ausgehen.
Was ist der Unterschied zwischen einer Minderung vor und nach der Trennung?
Für Vermögensminderungen vor der Trennung müssen Sie als anspruchstellender Partner die Illloyalität nachweisen. Für Minderungen nach der Trennung gilt die Beweislastumkehr: Der Partner, dessen Vermögen geschrumpft ist, muss beweisen, dass alles mit rechten Dingen zuging.
Kann ein Ehevertrag den Schutz vor illoyalen Handlungen aushebeln?
Ein Ehevertrag kann den Zugewinnausgleich modifizieren oder ausschließen. Er kann jedoch nicht sittenwidrig sein. Ein Vertrag, der einen Partner schutzlos stellen würde, könnte gerichtlich als unwirksam erklärt werden. Eine persönliche Beratung ist hier unerlässlich.
Wie hoch sind die Kosten für ein solches Verfahren?
Die Kosten (Gerichts- und Anwaltsgebühren) richten sich nach dem Streitwert, also der Höhe der geforderten Ausgleichszahlung. Wir bei braun-legal klären Sie vorab transparent über alle potenziellen Kosten auf.
Was kann ich tun, wenn mein Partner die Auskunft verweigert?
Wenn Ihr Partner die Auskunft über sein Vermögen verweigert, können Sie diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Das Gericht kann ihn zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zwingen. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, um diesen Prozess einzuleiten.