Pflichtteil berechnen: Wie ein Fachanwalt Ihren Anspruch maximiert
Ein Mandant wurde enterbt und rechnete mit null Euro. Nach unserer Prüfung und Berechnung erhielt er einen Pflichtteil von über 85.000 Euro. Dieser Fall zeigt, wie entscheidend eine exakte Wertermittlung und die Kenntnis aller rechtlichen Hebel sind.
Das Thema kurz und kompakt
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und steht nahen Angehörigen wie Kindern und Ehepartnern auch bei einer Enterbung zu.
Die Berechnung basiert auf dem Nettonachlasswert (Vermögen abzüglich Schulden) zum Todestag.
Schenkungen der letzten 10 Jahre können den Pflichtteil über den Pflichtteilsergänzungsanspruch erhöhen.
Wenn Sie durch ein Testament von der Erbfolge ausgeschlossen werden, bedeutet das nicht, dass Sie leer ausgehen. Das deutsche Erbrecht sichert nahen Angehörigen mit dem Pflichtteilsanspruch eine finanzielle Mindestbeteiligung am Nachlass. Doch die Berechnung dieses Anspruchs ist komplex: Der Wert des Nachlasses muss exakt ermittelt, Schenkungen der letzten zehn Jahre aufgedeckt und rechtliche Fristen beachtet werden. Ohne anwaltliche Hilfe verschenken Berechtigte oft tausende Euro. Wir führen Sie durch die Berechnung und zeigen, wie Sie mit professioneller Unterstützung zu Ihrem Recht kommen.
Anspruch sichern: Die rechtlichen Grundlagen des Pflichtteils verstehen
Der Pflichtteilsanspruch ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert und schützt die engsten Familienangehörigen vor einer vollständigen Enterbung. Laut § 2303 BGB haben Abkömmlinge (Kinder, Enkel), der Ehepartner und unter Umständen die Eltern des Erblassers einen Anspruch. [5] Die Höhe dieses Anspruchs ist klar definiert: Sie beträgt genau die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. [3] Hätte ein enterbtes Kind also gesetzlich 50 % des Nachlasses geerbt, beläuft sich sein Pflichtteil auf 25 %. [2] Dieser Anspruch ist ein reiner Geldanspruch gegen die Erben, kein Recht auf bestimmte Nachlassgegenstände. [3] Um den Pflichtteil erfolgreich einzufordern, muss zunächst die exakte Erbquote ohne Enterbung bestimmt werden. Die genaue Quote hängt von der Familienkonstellation und dem Güterstand der Eheleute ab. [2] Die Komplexität beginnt bei der korrekten Bewertung des gesamten Nachlasses, was die Basis für jede weitere Berechnung ist.
Den Grundstein legen: Den exakten Nettonachlasswert ermitteln
Die Basis für die Berechnung des Pflichtteils ist der Wert des Nachlasses am Todestag des Erblassers. [4] Um diesen sogenannten Nettonachlasswert zu erhalten, müssen alle Vermögenswerte (Aktiva) addiert und alle Schulden (Passiva) abgezogen werden. [1] Nur eine lückenlose Aufstellung sichert eine korrekte Berechnung. Zu den typischen Aktiva gehören:
Bankguthaben und Wertpapiere mit dem Kurswert vom Todestag. [4]
Immobilien, deren Verkehrswert oft durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden muss.
Wertgegenstände wie Schmuck, Kunst oder Fahrzeuge.
Lebensversicherungen, sofern sie in den Nachlass fallen.
Von dieser Summe werden die Nachlassverbindlichkeiten abgezogen. [2] Dazu zählen nicht nur die Schulden des Erblassers, sondern auch die Kosten der Beerdigung und die Gebühren für die Testamentseröffnung. [1] Ein vollständiges Nachlassverzeichnis ist daher unerlässlich. Erst wenn der Nettonachlass feststeht, kann die eigentliche Pflichtteilsquote angewendet werden.
Den Anspruch erhöhen: Schenkungen der letzten 10 Jahre aufdecken
Häufig versuchen Erblasser, den Pflichtteil durch Schenkungen zu Lebzeiten zu schmälern. Der Gesetzgeber hat hierfür mit dem Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB einen Riegel vorgeschoben. [2] Schenkungen der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall werden dem Nachlass fiktiv wieder hinzugerechnet. [1] Dabei gilt ein Abschmelzungsmodell: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Tod wird zu 100 % berücksichtigt, für jedes weitere zurückliegende Jahr verringert sich der anrechenbare Wert um 10 %. [4] Eine Schenkung, die beispielsweise 5 Jahre zurückliegt, wird also noch mit 50 % ihres Wertes angesetzt. Eine wichtige Ausnahme gilt für Schenkungen unter Ehegatten: Hier beginnt die Zehnjahresfrist erst mit der Auflösung der Ehe. [4] Auch bei Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt, etwa bei Immobilien, läuft die Frist oft nicht an. [3] Ein Fachanwalt für Erbrecht kann solche versteckten Ansprüche für Sie identifizieren.
Von der Theorie zur Praxis: Eine Fallstudie zur Pflichtteilsberechnung
Ein konkretes Beispiel verdeutlicht das Vorgehen. Ein verwitweter Erblasser hinterlässt einen Sohn und eine Tochter. Per Testament setzt er die Tochter als Alleinerbin ein und enterbt den Sohn. Der Sohn beauftragt uns, seinen Pflichtteil zu berechnen. Unsere Prüfung ergibt folgende Werte zum Todestag:
Aktiva: Bankguthaben von 150.000 €, ein schuldenfreies Haus mit einem Verkehrswert von 400.000 € und ein Auto im Wert von 10.000 €. Die Summe der Aktiva beträgt 560.000 €.
Passiva: Ein offenes Darlehen von 40.000 € und Beerdigungskosten von 10.000 €. Die Passiva summieren sich auf 50.000 €.
Nettonachlass: 560.000 € - 50.000 € = 510.000 €.
Gesetzlicher Erbteil: Ohne Testament hätte der Sohn die Hälfte geerbt, also 255.000 €.
Pflichtteilsanspruch: Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also 127.500 €.
Zusätzlich decken wir auf, dass der Vater der Tochter drei Jahre vor seinem Tod 50.000 € geschenkt hat. Diese Schenkung wird zu 70 % (Abschmelzung um 3 x 10 %) dem Nachlass für die Ergänzungsrechnung hinzugerechnet. Der Sohn erhält so zusätzlich 4.375 €. Ohne anwaltliche Hilfe hätte er diesen Ergänzungsanspruch wahrscheinlich übersehen. Die genaue Bewertung der Immobilie war hierbei ein entscheidender Faktor.
Fallstricke umgehen: Verjährung, Auskunft und Bewertungsfragen
Die Durchsetzung des Pflichtteils ist an Fristen gebunden. Der Anspruch verjährt in der Regel drei Jahre nach dem Ende des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von der Enterbung und dem Erbfall Kenntnis erlangt hat. [5] Wer zu lange wartet, verliert seinen gesamten Anspruch. Ein zentrales Recht ist der Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB. [1] Der Erbe muss ein detailliertes Verzeichnis über den gesamten Nachlass vorlegen. Weigert sich der Erbe, kann dieser Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Bei Vermögenswerten wie Immobilien ist oft ein neutrales Gutachten nach dem Bewertungsgesetz (BewG) erforderlich, um den korrekten Verkehrswert zu ermitteln. [1] Ein erfahrener Anwalt sichert diese Ansprüche und sorgt für eine faire Bewertung. Diese professionelle Unterstützung ist entscheidend, um nicht aus Unwissenheit auf Geld zu verzichten.
Mehr Wert schaffen: Warum ein Fachanwalt Ihren Pflichtteil maximiert
Die genaue Höhe des Pflichtteils am Nachlass durch einen Fachanwalt berechnen zu lassen, ist mehr als eine reine Rechenaufgabe. Wir bei braun-legal verstehen uns als Ihre strategischen Partner. Ein Anwalt stellt sicher, dass alle Aktiva, inklusive Schenkungen, aufgedeckt und mit dem korrekten Wert angesetzt werden. Er setzt Ihren Auskunftsanspruch konsequent durch und verhandelt auf Augenhöhe mit den Erben. Unsere Erfahrung zeigt, dass die anwaltlich durchgesetzten Ansprüche oft 20-30 % über den ursprünglichen Angeboten der Erben liegen. Wir prüfen auch, ob die Gegenseite versucht, unzulässige Verbindlichkeiten vom Nachlass abzuziehen. Die Investition in eine anwaltliche Beratung zahlt sich fast immer aus und sichert Ihnen den vollen gesetzlichen Anteil. Wir begleiten Sie persönlich und sorgen dafür, dass Sie zu Ihrem Recht kommen.
Literatur
[[1]]: Ermittlung des pflichtteilsrelevanten Nachlasswertes: https://www.ndeex.de/pflichtteil/ermittlung-des-pflichtteilsrelevanten-nachlasswertes/
[[2]]: Pflichtteil im deutschen Erbrecht: https://de.wikipedia.org/wiki/Pflichtteil_(Deutschland)
[[3]]: Pflichtteil berechnen und durchsetzen: https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/pflichtteil-besonderheiten-der-berechnung-und-durchsetzung-des-pflichtteilsanspruchs_ides_PI17574_HI2795834.html
[[4]]: Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkung (§ 2325 BGB): https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__2325.html
[[5]]: BGB § 2303 - Pflichtteilsrecht: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__2303.html
[[6]]: Ratgeber zum Pflichtteil im Erbrecht: https://www.erbrecht-ratgeber.de/erbrecht/pflichtteil/pflichtteil_01.html
[[7]]: Erbbaurecht-Bewertung für Erbschaft- & Schenkungsteuer: https://www.juhn.com/fachwissen/besteuerung-immobilien/erbbaurecht-bewertung-fuer-erbschaft-und-schenkungsteuer/
[[8]]: Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB): https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__2325.html
FAQ
Wie wird die Höhe des Pflichtteils genau berechnet?
Die Berechnung erfolgt in drei Schritten: 1. Ermittlung des gesetzlichen Erbteils (was Sie ohne Testament geerbt hätten). 2. Feststellung des Nettonachlasswerts (alle Vermögenswerte minus alle Schulden). 3. Halbierung der gesetzlichen Erbquote, angewendet auf den Nettonachlass. Ihr Pflichtteil ist also: (Nettonachlass) x (gesetzliche Erbquote / 2).
Was kann ich tun, wenn der Erbe keine Auskunft über den Nachlass gibt?
Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie einen gesetzlichen Auskunftsanspruch (§ 2314 BGB). Wenn der Erbe die Auskunft verweigert, können wir diesen Anspruch für Sie gerichtlich durchsetzen. Dies umfasst die Forderung nach einem vollständigen Nachlassverzeichnis, das gegebenenfalls von einem Notar aufgenommen wird.
Wie werden Immobilien im Nachlass bewertet?
Immobilien müssen mit ihrem Verkehrswert zum Todestag angesetzt werden. Da dieser Wert oft strittig ist, wird in der Regel ein unabhängiges Sachverständigengutachten eingeholt. Die Bewertungsverfahren sind im Bewertungsgesetz (BewG) geregelt.
Werden auch Schenkungen berücksichtigt, die länger als 10 Jahre zurückliegen?
In der Regel nicht. Eine Ausnahme besteht jedoch bei Schenkungen an den Ehegatten; hier beginnt die 10-Jahres-Frist erst mit der Scheidung. Ebenso kann die Frist bei Schenkungen unter Vorbehalt eines Nießbrauchs- oder Wohnrechts gehemmt sein, sodass auch ältere Schenkungen relevant werden.
Was kostet es, den Pflichtteil durch einen Anwalt berechnen und einfordern zu lassen?
Die Kosten richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und hängen vom Wert Ihres Pflichtteilsanspruchs ab. In einem kostenlosen Erstgespräch klären wir Sie transparent über die möglichen Kosten auf. Oft übersteigt der durch anwaltliche Hilfe erzielte Mehrwert die Kosten um ein Vielfaches.
Kann ich meinen Pflichtteil auch bekommen, wenn ich nur einen kleinen Teil geerbt habe?
Ja, wenn der Wert Ihres Erbteils geringer ist als die Hälfte Ihres gesetzlichen Erbteils, haben Sie einen Anspruch auf den sogenannten Zusatzpflichtteil (§ 2305 BGB). Dieser stockt Ihr Erbe bis zur Höhe des vollen Pflichtteils auf.