Stichtag für den Zugewinn: Wie Sie den entscheidenden Tag festlegen und Tausende Euro sparen
Ein Mandant verlor über 15.000 €, weil der falsche Stichtag für sein Aktiendepot angesetzt wurde. Ein Detail kann über Ihr Vermögen entscheiden. Wir zeigen Ihnen, wie Sie diesen kostspieligen Fehler bei der Berechnung des Zugewinns bei der Scheidung sicher vermeiden.
Das Thema kurz und kompakt
Für die Berechnung des Zugewinns zählt nicht der Trennungstag, sondern der Tag der Eheschließung (Anfangsvermögen) und der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags (Endvermögen).
Der Wertzuwachs von Erbschaften und Schenkungen während der Ehe fällt in den Zugewinn, der ursprüngliche Wert der Zuwendung jedoch nicht.
Eine genaue Dokumentation und Bewertung aller Vermögenswerte und Schulden an den beiden Stichtagen ist entscheidend, um finanzielle Verluste zu vermeiden.
Die Berechnung des Zugewinns ist ein zentraler Punkt jeder Scheidung. Viele übersehen dabei, dass nicht der Tag der Trennung, sondern zwei ganz andere Zeitpunkte entscheidend sind. Das Gesetz legt mit dem Tag der Eheschließung und dem Tag der Zustellung des Scheidungsantrags zwei klare Stichtage fest. [1] Die korrekte Ermittlung und Bewertung Ihres Vermögens an genau diesen Tagen ist entscheidend für einen fairen finanziellen Ausgleich. Dieser Beitrag erklärt Ihnen die gesetzlichen Regelungen, zeigt anhand von Praxisbeispielen, wo Fallstricke lauern, und gibt Ihnen Experten-Tipps, wie Sie Ihre Ansprüche sichern.
Die zwei entscheidenden Stichtage für Ihren Zugewinnausgleich definieren
Für die Berechnung des Zugewinns sind laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) zwei Daten ausschlaggebend. Der erste Stichtag ist der Tag der standesamtlichen Trauung, an dem das Anfangsvermögen jedes Partners festgestellt wird. [4] Der zweite und oft wichtigere Stichtag ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner offiziell zugestellt wird, was als Rechtshängigkeit bezeichnet wird. [2] Dieser Tag fixiert das Endvermögen und beendet den Zeitraum für den gemeinsamen Vermögenszuwachs. Der weit verbreitete Irrtum, der Tag der Trennung sei relevant, hat schon zu Vermögensverlusten von über 10 % geführt. Das Datum der Zustellung des Scheidungsantrags ist nach § 1384 BGB der alleinige Maßstab für das Endvermögen. [1] Eine präzise Kenntnis dieser beiden Daten ist die Grundlage für jede weitere Berechnung. Die genaue Wertermittlung an diesen Tagen ist der nächste entscheidende Schritt.
Vermögenswerte am Stichtag präzise bewerten und Fehler vermeiden
Der Wert eines Vermögensgegenstandes kann sich zwischen Trennung und dem Stichtag für das Endvermögen erheblich ändern. Ein Aktiendepot kann beispielsweise innerhalb weniger Wochen um 5 % an Wert gewinnen oder verlieren. Für den Zugewinnausgleich zählt ausschließlich der Wert am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags. [5] Eine genaue Bewertung ist daher unerlässlich. Zugewinn bei Immobilien erfordert oft ein Sachverständigengutachten, um den Verkehrswert exakt zu bestimmen. Eine ungenaue Bewertung kann Sie schnell mehrere tausend Euro kosten. Die korrekte Vorgehensweise zur Bewertung typischer Vermögenswerte ist wie folgt:
Bankguthaben: Der exakte Kontostand am Stichtag.
Aktiendepots: Der Kurswert aller Papiere zum Börsenschluss des Stichtags.
Immobilien: Der durch ein Gutachten ermittelte Verkehrswert zum Stichtag.
Unternehmensanteile: Der Unternehmenswert, der oft durch komplexe Verfahren ermittelt wird. [2]
Diese genaue Bewertung muss auch Verbindlichkeiten umfassen.
Schulden am Stichtag korrekt anrechnen und den Ausgleichsanspruch reduzieren
Schulden werden sowohl vom Anfangs- als auch vom Endvermögen abgezogen. [3] Ein Autokredit von 10.000 € bei einem Fahrzeugwert von 25.000 € reduziert den Vermögenswert auf 15.000 €. Das Gesetz berücksichtigt sogar ein negatives Anfangsvermögen, wenn also ein Partner mit mehr Schulden als Vermögen in die Ehe gestartet ist. [4] Der Abbau von Schulden während der Ehezeit gilt als Vermögenszuwachs und ist daher ausgleichspflichtig. Hat ein Partner beispielsweise während der Ehe einen Studienkredit von 20.000 € vollständig getilgt, stellt dies einen Zugewinn von 20.000 € dar. Ein persönliches Beratungsgespräch hilft, diese komplexen Berechnungen korrekt durchzuführen. Die genaue Erfassung von Schulden ist ebenso wichtig wie die der Vermögenswerte, um Manipulationen vorzubeugen.
Vermögensmanipulation vor dem Stichtag erkennen und gegensteuern
Manche versuchen, ihr Endvermögen kurz vor dem Stichtag künstlich zu verringern. Das Gesetz schiebt solchen illoyalen Vermögensminderungen mit § 1375 Abs. 2 BGB einen Riegel vor. [5] Schenkungen an Verwandte oder der Verkauf von Vermögen weit unter Wert in den letzten 10 Jahren vor der Scheidung können dem Endvermögen wieder hinzugerechnet werden. Überweist ein Ehepartner beispielsweise sechs Monate vor Zustellung des Scheidungsantrags 25.000 € an einen Freund, wird dieser Betrag seinem Endvermögen wieder zugerechnet. Um solche Handlungen aufzudecken, haben Sie einen gesetzlichen Auskunftsanspruch. [3] Mit anwaltlicher Hilfe können Sie Ihren Auskunftsanspruch gerichtlich durchsetzen. Dies erfordert eine saubere Dokumentation aller Vermögenswerte.
Beweise sichern und den Wert Ihres Vermögens am Stichtag lückenlos nachweisen
Eine lückenlose Dokumentation ist entscheidend, um Ihre Ansprüche zu beweisen. Ohne Belege kann selbst ein berechtigter Anspruch vor Gericht scheitern. Beginnen Sie idealerweise bereits bei der Trennung mit der Sammlung aller relevanten Unterlagen. Ein fehlender Kontoauszug zum Stichtag der Eheschließung kann dazu führen, dass Ihr Anfangsvermögen mit 0 € angesetzt wird. [2] Eine sorgfältige Vorbereitung kann den Unterschied von mehreren zehntausend Euro ausmachen. Gehen Sie dabei systematisch vor:
Sammeln Sie alle Bankunterlagen zum Stichtag der Eheschließung.
Fordern Sie Depotauszüge mit einer Stichtagsbewertung vom 31.12. des Vorjahres an.
Beauftragen Sie bei Immobilien frühzeitig ein Verkehrswertgutachten.
Dokumentieren Sie den Kilometerstand und Zustand von Fahrzeugen.
Erstellen Sie eine Liste wertvoller Gegenstände wie Kunst oder Schmuck mit Fotos.
Ein gut dokumentiertes Scheidungsverfahren verläuft oft schneller und reibungsloser. Besondere Aufmerksamkeit erfordern Erbschaften und Schenkungen.
Erbschaften und Schenkungen im Zugewinnausgleich richtig behandeln
Erbschaften und Schenkungen während der Ehe sind ein häufiger Streitpunkt. Nach § 1374 Abs. 2 BGB wird der Wert solcher Zuwendungen zum Zeitpunkt des Erhalts dem Anfangsvermögen zugerechnet. [4] Das bedeutet, die Erbschaft selbst wird nicht geteilt. Wertsteigerungen, die diese Erbschaft während der Ehe erfährt, fließen jedoch in den Zugewinn ein. Erbt ein Partner beispielsweise ein Grundstück im Wert von 150.000 €, das zum Stichtag des Endvermögens 200.000 € wert ist, wird die Wertsteigerung von 50.000 € beim Zugewinnausgleich berücksichtigt. Wichtig ist, den genauen Wert zum Zeitpunkt des Erbes nachweisen zu können. Fehlen die Belege, kann der gesamte Wert in den Zugewinn fallen. Unser Beitrag zum Thema Erbe im Zugewinn vertieft diese Problematik. Die Komplexität dieser Regeln zeigt, wie wichtig professionelle Unterstützung ist.
Die korrekte Ermittlung des Stichtags für den Zugewinn bei der Scheidung ist kein trivialer Akt. Fehler bei der Bewertung oder das Übersehen von Vermögenswerten können zu erheblichen finanziellen Verlusten führen. Die Bewertung eines Unternehmens kann je nach Methode um über 30 % schwanken. [2] Ein erfahrener Fachanwalt für Familienrecht stellt sicher, dass alle Vermögenswerte korrekt und zu den richtigen Stichtagen bewertet werden. Wir beraten Sie persönlich und helfen Ihnen, Ihre Ansprüche vollständig durchzusetzen und unberechtigte Forderungen abzuwehren. So stellen Sie sicher, dass Sie eine faire und rechtssichere Lösung für Ihre Zukunft erhalten.
Literatur
[[1]]: Zugewinnausgleich bei Scheidung: https://www.sparkasse.de/pk/ratgeber/familie/ehe-und-partnerschaft/scheidung/zugewinnausgleich.html
[[2]]: Zugewinn Stichtag: https://www.deubner-recht.de/themen/zugewinngemeinschaft/zugewinn-stichtag.html
[[3]]: Der Stichtag beim Zugewinnausgleich: https://www.deubner-recht.de/themen/zugewinngemeinschaft/zugewinn-stichtag.html
[[4]]: BGB § 1374 - Anfangsvermögen: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1374.html
[[5]]: Endvermögen - § 1375 BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1375.html
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen dem Stichtag für das Anfangsvermögen und dem für das Endvermögen?
Der Stichtag für das Anfangsvermögen ist der Tag der standesamtlichen Hochzeit. Er dient der Feststellung des in die Ehe eingebrachten Vermögens. Der Stichtag für das Endvermögen ist der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags und markiert das Ende des Zeitraums, in dem gemeinsam erwirtschaftet wird.
Wie werden Schulden an den Stichtagen berücksichtigt?
Schulden werden an beiden Stichtagen vom jeweiligen Vermögen abgezogen. Das Tilgen von Schulden während der Ehe erhöht den Zugewinn, da es das Nettovermögen steigert.
Was kann ich tun, wenn mein Partner Vermögen vor dem Stichtag verschiebt?
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Partner Vermögen beiseite schafft, können Sie Ihren gesetzlichen Auskunftsanspruch geltend machen. Handlungen, die das Vermögen illoyal mindern, können bei der Berechnung des Endvermögens unberücksichtigt bleiben und der Betrag wird fiktiv wieder hinzugerechnet.
Gehört eine Erbschaft zum Zugewinn?
Die Erbschaft selbst wird dem Anfangsvermögen zugerechnet und fällt somit nicht in den Zugewinn. Lediglich die Wertsteigerung der Erbschaft während der Ehe (z.B. eine geerbte Immobilie, die an Wert gewinnt) wird Teil des Zugewinns und muss ausgeglichen werden.
Warum ist eine professionelle anwaltliche Beratung so wichtig?
Ein Fachanwalt für Familienrecht stellt sicher, dass die richtigen Stichtage verwendet, alle Vermögenswerte korrekt bewertet und rechtliche Fallstricke (z.B. bei Unternehmensbewertungen oder Schenkungen) vermieden werden. Dies sichert Ihnen einen fairen Ausgleich und schützt vor erheblichen finanziellen Nachteilen.
Was passiert, wenn ich keine Unterlagen zum Anfangsvermögen mehr habe?
Wenn Sie Ihr Anfangsvermögen nicht belegen können, geht das Gesetz davon aus, dass es null war (§ 1377 Abs. 3 BGB). Das kann sehr nachteilig sein, da dann Ihr gesamtes Endvermögen als Zugewinn gilt. Daher ist die Suche nach alten Unterlagen extrem wichtig.