Umzug mit Kind ins Ausland: So sichern Sie das Umgangsrecht rechtlich ab
Ein Mandant plante seinen berufsbedingten Umzug nach Zürich, doch die Mutter seines 8-jährigen Sohnes verweigerte die Zustimmung. Dieser Fall zeigt eine Hürde auf, die jährlich tausende Elternteile betrifft. Erfahren Sie, wie Sie die Regelungen zum Umgangsrecht mit dem Kind bei einem Umzug ins Ausland rechtssicher gestalten und die Beziehung zu Ihrem Kind schützen.
Das Thema kurz und kompakt
Bei gemeinsamem Sorgerecht ist die Zustimmung des anderen Elternteils für einen Auslandsumzug mit Kind zwingend erforderlich.
Verweigert der andere Elternteil die Zustimmung, entscheidet das Familiengericht ausschließlich nach dem Kindeswohl.
Ein Umzug ohne Zustimmung kann als internationale Kindesentführung gewertet und nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) geahndet werden.
Ein Umzug ins Ausland ist eine Entscheidung, die das Leben grundlegend verändert – besonders, wenn Kinder involviert sind. Bei getrennten Eltern wird die Situation rechtlich komplex. Die wichtigste Frage ist oft nicht das „Ob“, sondern das „Wie“. Ohne eine klare, rechtlich fundierte Regelung zum Umgangsrecht kann ein solcher Schritt zu schwerwiegenden Konflikten bis hin zum Vorwurf der Kindesentführung führen. Wir zeigen Ihnen, welche 3 Schritte entscheidend sind, um die Zustimmung zu erhalten, wie Gerichte das Kindeswohl bewerten und wie Sie das Umgangsrecht über Grenzen hinweg fair und praktisch gestalten. So schützen Sie nicht nur Ihre Rechte, sondern vor allem die Stabilität im Leben Ihres Kindes.
Die rechtliche Grundlage: Warum Zustimmung entscheidend ist
Planen Sie einen Umzug ins Ausland, ist die Zustimmung des anderen Elternteils bei gemeinsamem Sorgerecht unerlässlich. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht, also das Recht, den Wohnort des Kindes festzulegen, üben Sie gemeinsam aus. Eine einseitige Entscheidung stellt eine Verletzung der Rechte des anderen Elternteils dar und ist rechtlich nicht haltbar. [2,3]
Selbst wenn Ihnen das alleinige Sorgerecht zusteht, erlischt das Umgangsrecht des anderen Elternteils nicht. [1] Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach bestätigt, dass der Kontakt zu beiden Elternteilen dem Kindeswohl dient. Ein Umzug ohne triftigen Grund, der nur darauf abzielt, den Kontakt zu vereiteln, kann sogar zum Entzug des Sorgerechts führen. [5] Ein Mandant konnte dies vermeiden, indem er proaktiv eine neue, großzügige Umgangsregelung vorschlug, die das Gericht überzeugte.
Die rechtlichen Hürden sind also bewusst hoch angesetzt, um die Bindungen des Kindes zu schützen. Der nächste Schritt ist daher, die gerichtliche Perspektive zu verstehen.
Das Kindeswohl als Maßstab: Wie Gerichte bei Umzugsplänen entscheiden
Verweigert ein Elternteil die Zustimmung zum Umzug, muss das Familiengericht entscheiden. Die einzige Richtlinie für das Gericht ist das Kindeswohl. Die Wünsche der Eltern sind dabei zweitrangig. In über 90 % der Fälle wird dem Elternteil, der das Kind hauptsächlich betreut, der Umzug gestattet, sofern keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen. [4]
Die Richter prüfen dabei eine Reihe von Faktoren sehr genau. Ein stabiles soziales Umfeld im Zielland, etwa durch Verwandte, kann ein entscheidender Vorteil sein. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Ihnen helfen, die richtigen Argumente vorzubereiten. Die Gerichte bewerten insbesondere:
Die Kontinuität in der Betreuung und Erziehung.
Die Qualität der Bindung des Kindes zu beiden Elternteilen.
Den geäußerten Willen des Kindes, abhängig von seinem Alter (oft ab 12-14 Jahren relevant).
Die Erziehungsfähigkeit der Eltern.
Die Möglichkeiten, den Umgang mit dem zurückbleibenden Elternteil aufrechtzuerhalten.
Diese Kriterien zeigen, dass eine gute Vorbereitung und eine durchdachte Argumentation für den Erfolg Ihres Antrags entscheidend sind.
Genehmigung einholen: Ein 3-Stufen-Prozess für Ihren Umzug
Wenn Sie die Genehmigung für einen Auslandsumzug benötigen, ist ein strukturiertes Vorgehen der Schlüssel zum Erfolg. Ein Mandant sparte über 3.000 € an Gerichtskosten, indem er eine außergerichtliche Einigung erzielte. Dieser Weg sollte immer die erste Wahl sein.
Folgen Sie diesem bewährten Prozess in 3 Stufen:
Außergerichtliche Einigung anstreben: Suchen Sie das offene Gespräch mit dem anderen Elternteil. Legen Sie Ihre Gründe dar und präsentieren Sie einen konkreten Vorschlag für eine neue Umgangsregelung. Eine Mediation kann hier in über 60 % der Fälle zu einer Lösung führen.
Gerichtlichen Antrag vorbereiten: Scheitert die Einigung, müssen Sie beim Familiengericht beantragen, Ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zu übertragen. [3] Hier müssen Sie detailliert begründen, warum der Umzug dem Kindeswohl dient.
Neue Umgangsregelung ausarbeiten: Parallel zum Antrag sollten Sie eine detaillierte, für beide Seiten faire Umgangsregelung entwerfen. Dies zeigt dem Gericht Ihre Kooperationsbereitschaft und Ihren Fokus auf die Bedürfnisse des Kindes. Ein klarer Plan für das Sorgerecht ist hierbei essenziell.
Ein Umzug ohne Zustimmung birgt jedoch erhebliche Risiken, die weit über einen Zivilprozess hinausgehen.
Ohne Zustimmung umgezogen: Die Konsequenzen einer Kindesentführung
Ein Umzug mit dem Kind ins Ausland ohne die erforderliche Zustimmung ist kein Kavaliersdelikt. Juristisch wird dies als „widerrechtliches Verbringen“ gewertet und kann den Straftatbestand der Kindesentführung erfüllen. Die Folgen sind gravierend und betreffen über 1.000 Fälle jährlich in Deutschland.
In einem solchen Fall greift das Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ). [2] Dieses internationale Abkommen sichert die sofortige Rückführung des Kindes in sein Herkunftsland. Der Antrag auf Rückführung muss innerhalb eines Jahres gestellt werden, um die besten Erfolgschancen zu haben. [2] Zögern Sie, sinken die Chancen erheblich, da sich das Kind am neuen Ort eingewöhnt haben könnte. [5] Wenn der andere Elternteil den Umgang boykottiert, ist schnelles Handeln gefragt.
Die zuständige zentrale Behörde in Deutschland, das Bundesamt für Justiz, leitet das Verfahren ein. [6] Das Gericht im Ausland prüft dann nicht das Sorgerecht, sondern nur die Rechtmäßigkeit des Verbringens. Um diese ernsten Konsequenzen zu vermeiden, ist die Neugestaltung des Umgangsrechts der einzig richtige Weg.
Umgangsrecht neu gestalten: So bleibt die Bindung über Grenzen hinweg stark
Ein Umzug ins Ausland macht den gewohnten 14-tägigen Umgang unmöglich. Daher muss eine neue, verbindliche Regelung her, die die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil sichert. Gerichte erwarten hier kreative und großzügige Lösungen vom umziehenden Elternteil.
Bewährte Modelle für eine neue Umgangsregelung umfassen:
Großzügige Ferienregelungen: Der zurückbleibende Elternteil erhält den Umgang für mindestens 50-60 % aller Schulferien.
Übernahme der Reisekosten: Der umziehende Elternteil trägt in der Regel die vollen oder den überwiegenden Teil der Reisekosten, die durch den Umzug entstehen.
Regelmäßiger digitaler Kontakt: Fest terminierte Videotelefonate, zum Beispiel 2-mal pro Woche, werden als verbindlicher Teil der Regelung festgelegt. Hier kann man das Umgangsrecht für Videotelefonate auch rechtlich durchsetzen.
Besuche im neuen Heimatland: Dem anderen Elternteil wird das Recht eingeräumt, das Kind auch am neuen Wohnort zu besuchen.
Eine gut dokumentierte Umgangsregelung ist der beste Beweis dafür, dass Sie den Kontakt fördern und nicht verhindern wollen. Dies ist ein entscheidendes Argument in jedem Gerichtsverfahren. Die rechtliche Basis dafür liefern internationale Abkommen.
Internationale Abkommen: Wie HKÜ und Brüssel IIb das Verfahren steuern
Bei internationalen Familienkonflikten innerhalb der EU sorgt die „Brüssel IIb-Verordnung“ (Nachfolgerin der Brüssel IIa) für klare Zuständigkeiten. [6] Sie legt fest, dass grundsätzlich die Gerichte des Landes entscheiden, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. [5] Dies verhindert, dass in zwei Ländern parallel widersprüchliche Urteile gefällt werden.
Das Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ) wird durch die Brüssel IIb-Verordnung für EU-Staaten ergänzt und modifiziert. [2,6] Das Ziel ist immer, eine schnelle Rückführung entführter Kinder zu gewährleisten und Sorgerechtsentscheidungen grenzüberschreitend anzuerkennen. Ein Anwalt für Kinderrecht kann die komplexen Wechselwirkungen dieser Verordnungen prüfen. Diese Regelungen schaffen einen verlässlichen Rechtsrahmen, der das Kindeswohl über die nationalen Grenzen hinweg schützt.
Ein Umzug ins Ausland mit Kind ist eine der größten Herausforderungen im Familienrecht. Wir beraten Sie persönlich, um eine Lösung zu finden, die für Sie und Ihr Kind funktioniert.
Literatur
[[1]]: Grenzüberschreitende elterliche Kindesentführung in der EU: https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2015/510012/IPOL_STU(2015)510012_EN.pdf
[[2]]: Elterliche Kindesentführung: https://e-justice.europa.eu/topics/family-matters-inheritance/parental-child-abduction_de
[[3]]: Sorgerecht bei Umzug ins Ausland: https://e-justice.europa.eu/topics/family-matters-inheritance/moving-settling-abroad-children/de_de
[[5]]: Umzug mit Kind ins Ausland: Zustimmung der Eltern: https://e-justice.europa.eu/topics/family-matters-inheritance/moving-settling-abroad-children/de_de
[[6]]: Haager Kindesentführungsübereinkommen: https://de.wikipedia.org/wiki/Haager_%C3%9Cbereinkommen_%C3%BCber_die_zivilrechtlichen_Aspekte_internationaler_Kindesentf%C3%BChrung
FAQ
Brauche ich bei alleinigem Sorgerecht auch eine Zustimmung für den Umzug?
Wenn Sie das alleinige Sorgerecht innehaben, dürfen Sie den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen und benötigen formal keine Zustimmung. Allerdings bleibt das Umgangsrecht des anderen Elternteils bestehen. Sie müssen sicherstellen, dass der Kontakt weiterhin möglich ist. Ein Umzug, der nur darauf abzielt, den Umgang zu vereiteln, kann rechtliche Konsequenzen haben.
Wer trägt die Kosten für den Umgang nach einem Umzug ins Ausland?
In der Regel muss der Elternteil, der den Umzug veranlasst hat, die dadurch entstehenden Mehrkosten für den Umgang (z. B. Flugtickets) tragen. Dies ist oft ein zentraler Punkt in der gerichtlichen oder außergerichtlichen Einigung und sollte klar geregelt werden.
Was ist der Unterschied zwischen Sorgerecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht?
Das Sorgerecht umfasst alle Rechte und Pflichten für das Kind, einschließlich Personensorge und Vermögenssorge. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein Teilbereich der Personensorge und gibt das Recht, den Wohnort des Kindes festzulegen. Bei gemeinsamem Sorgerecht liegt auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei beiden Eltern.
Welche Rolle spielt der Wille des Kindes?
Der Wille des Kindes ist ein wichtiger Faktor, den das Gericht berücksichtigt. Je älter und reifer das Kind ist (in der Regel ab ca. 12-14 Jahren), desto mehr Gewicht wird seiner Meinung beigemessen. Das Gericht führt dazu eine persönliche Anhörung des Kindes durch.
Was ist die Brüssel IIb-Verordnung?
Die Brüssel IIb-Verordnung (ehemals Brüssel IIa) ist eine EU-Verordnung, die die Zuständigkeit von Gerichten in Ehe- und Sorgerechtssachen regelt. Sie stellt sicher, dass Entscheidungen eines EU-Mitgliedstaates in anderen EU-Staaten anerkannt und vollstreckt werden, was bei internationalen Umzügen von zentraler Bedeutung ist.
Wie kann braun-legal mir bei einem geplanten Auslandsumzug helfen?
Wir verbinden Sie persönlich mit erfahrenen Anwälten für Familienrecht. Unsere Experten analysieren Ihre Situation, entwickeln eine Strategie zur Einholung der Zustimmung und vertreten Ihre Interessen bei Bedarf vor Gericht. Wir helfen Ihnen, eine faire Umgangsregelung zu gestalten und den Umzug rechtssicher vorzubereiten.