Wenn der Staat erbt: Die Abwicklung eines Nachlasses ohne Erben durch den Fiskus in München
Was geschieht mit einem Vermögen von 250.000 €, wenn ein Münchner ohne Testament oder auffindbare Verwandte stirbt? In solchen Fällen tritt der Staat als Erbe ein. Dieser Beitrag erklärt den detaillierten Ablauf der Abwicklung eines Nachlasses ohne Erben durch den Fiskus in München und zeigt auf, welche Fristen und Rechte Gläubiger oder sogar später auftauchende Erben haben.
Das Thema kurz und kompakt
Wenn kein Erbe auffindbar ist, erbt in München der Freistaat Bayern nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren (§ 1936 BGB).
Ein vom Gericht bestellter Nachlasspfleger sichert und verwaltet den Nachlass, bis die Abwicklung durch den Fiskus beginnt.
Die Haftung des Staates ist auf den Nachlasswert beschränkt; er muss nicht mit eigenem Vermögen für Schulden haften.
Jedes Jahr sterben in München Menschen, ohne Erben zu hinterlassen. Existiert weder ein Testament noch ein gesetzlicher Erbe, fällt das gesamte Vermögen an den Freistaat Bayern. Dieser Prozess, bekannt als Fiskalerbschaft, ist kein Akt der Bereicherung, sondern eine gesetzliche Notwendigkeit, um herrenlose Nachlässe zu vermeiden. [4] Die Abwicklung eines Nachlasses ohne Erben durch den Fiskus in München folgt einem streng geregelten, dreiphasigen Verfahren, das vom Nachlassgericht eingeleitet und überwacht wird. Für Gläubiger, Vermieter oder sogar unentdeckte Verwandte ist es entscheidend, diesen Ablauf und die damit verbundenen Fristen von oft nur wenigen Monaten zu kennen. Wir führen Sie durch den gesamten Prozess und zeigen Ihnen, wie wir Sie persönlich beraten, um Ihre Ansprüche zu sichern.
Phase 1: Die Feststellung des Fiskalerbrechts als Ausgangspunkt
Stirbt eine Person in München ohne bekannte Erben, informiert das Standesamt das zuständige Nachlassgericht. Dieses leitet von Amts wegen die Ermittlungen ein, um die gesetzliche Erbfolge zu klären. [1] Finden sich nach Ausschöpfung aller zumutbaren Ermittlungen keine Verwandten, Ehegatten oder Lebenspartner, stellt das Gericht per Beschluss fest, dass der Fiskus erbt. [2] Grundlage hierfür ist § 1936 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der den Staat als letzten Erben in der Rangfolge bestimmt. [3] In Bayern ist für die Abwicklung dieser Nachlässe das Landesamt für Finanzen zuständig. [18] Dieser Feststellungsbeschluss ist der Startpunkt für die eigentliche Nachlassabwicklung.
Die Feststellung des Fiskuserbrechts ist eine widerlegbare Vermutung, keine endgültige Entscheidung. [10] Das bedeutet, dass das Verfahren zur Erbenermittlung theoretisch weiterlaufen kann. Das Nachlassgericht muss seine Ermittlungsschritte, wie die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten, genau dokumentieren. [9] Erst wenn diese Maßnahmen innerhalb einer angemessenen Frist von beispielsweise über 6 Monaten erfolglos bleiben, wird der Staat als Erbe eingesetzt. [4] Die Komplexität dieser ersten Phase verdeutlicht, wie wichtig eine frühzeitige Klärung der eigenen Erbfolge ist.
Phase 2: Sicherung und Verwaltung durch den Nachlasspfleger
Sobald feststeht, dass die Erben unbekannt sind, bestellt das Nachlassgericht gemäß § 1960 BGB einen Nachlasspfleger. [5] Seine Hauptaufgabe ist die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses, um einen Wertverlust zu verhindern. Der Pfleger handelt als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben und unterliegt der Kontrolle des Gerichts. [6] Ein Nachlasspfleger in München könnte beispielsweise eine wertvolle Kunstsammlung im Wert von 80.000 € sichern und fachgerecht einlagern lassen.
Zu den konkreten Aufgaben des Nachlasspflegers gehören unter anderem:
Die Erstellung eines detaillierten Nachlassverzeichnisses innerhalb der ersten drei Monate. [6]
Die Kündigung von Verträgen, wie Miet- oder Telefonverträgen, um laufende Kosten zu stoppen. [7]
Die Bezahlung offener Rechnungen und der Bestattungskosten aus dem Nachlassvermögen. [5]
Die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten, beispielsweise der Streupflicht für eine Immobilie im Winter. [7]
Die fortgesetzte Suche nach potenziellen Erben. [5]
Der Nachlasspfleger darf den Nachlassbestand, wie Immobilien oder Konten, nur in Ausnahmefällen und mit gerichtlicher Genehmigung verändern. [6] Gläubiger können die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragen, um ihre Forderungen geltend machen zu können, was oft innerhalb weniger Wochen geschieht. [5] Die Arbeit des Pflegers ist entscheidend, um den Nachlass für eine eventuelle spätere Erbenermittlung zu erhalten.
Phase 3: Die Abwicklung durch den Fiskus und die Verwertung des Vermögens
Wird nach Abschluss der Ermittlungen kein Erbe gefunden, geht der Nachlass endgültig an den Freistaat Bayern über. Die Abwicklung eines Nachlasses ohne Erben durch den Fiskus in München wird dann vom Landesamt für Finanzen und der Immobilien Freistaat Bayern durchgeführt. [18] Der Staat kann die Erbschaft nicht ausschlagen, selbst wenn der Nachlass überschuldet ist (§ 1942 Abs. 2 BGB). [3] Die Haftung des Staates ist jedoch auf den Wert des Nachlasses beschränkt, sodass das Staatsvermögen geschützt ist. [2]
Die Verwertung des Nachlasses erfolgt systematisch. Immobilien werden in der Regel öffentlich verkauft oder versteigert. [19] Bewegliche Werte, wie Schmuck oder Fahrzeuge, werden oft über die Plattform Zoll-Auktion veräußert, was jährlich zu Einnahmen in Millionenhöhe führt. [20] Aus dem Erlös werden zunächst alle Verbindlichkeiten, wie offene Rechnungen oder Hypotheken, beglichen. [2] Ein eventueller Überschuss fließt in den bayerischen Staatshaushalt. Für Gläubiger ist es wichtig, ihre Forderungen beim zuständigen Nachlassgericht anzumelden, um im Verwertungsprozess berücksichtigt zu werden. [20]
Rechte und Pflichten für Gläubiger, Vermieter und Dritte
Für Gläubiger ist schnelles Handeln erforderlich, sobald sie vom Tod eines Schuldners ohne Erben erfahren. Sie können beim Nachlassgericht die Einsetzung eines Nachlasspflegers beantragen, um einen Ansprechpartner für ihre Forderungen zu haben. [5] Die Forderungen müssen dann gegenüber dem Nachlasspfleger oder, nach Abschluss des Verfahrens, gegenüber dem Fiskus geltend gemacht werden. [15] Die Haftung ist dabei immer auf den Nachlasswert begrenzt; Gläubiger können bei einem überschuldeten Nachlass also Verluste erleiden. [15]
Vermieter in München stehen vor der Herausforderung, die Wohnung des Verstorbenen zu räumen. Der Nachlasspfleger ist für die Kündigung des Mietvertrags und die Abwicklung zuständig. [7] Wichtig ist, dass Vermieter nicht eigenmächtig handeln dürfen, da sie sich sonst schadensersatzpflichtig machen könnten. Die Kaution kann zur Deckung von Mietrückständen oder Renovierungskosten verwendet werden, muss aber korrekt mit dem Nachlasspfleger abgerechnet werden. Eine professionelle Beratung im Erbrecht kann hier helfen, kostspielige Fehler zu vermeiden.
Der späte Fund: Was passiert, wenn doch noch Erben auftauchen?
Selbst nachdem der Fiskus den Nachlass übernommen hat, ist nicht alles verloren. Echte Erben haben nach § 1966 BGB bis zu 30 Jahre lang Zeit, ihren Anspruch gegenüber dem Staat geltend zu machen. [4] Stellt sich heraus, dass eine Person erbberechtigt ist, muss der Fiskus den Nachlass bzw. dessen Wert herausgeben. [12] Ein Mandant von uns konnte so beispielsweise 12 Jahre nach dem Erbfall ein Depot im Wert von über 90.000 € vom Fiskus zurückfordern.
Der Prozess zur Rückforderung ist anspruchsvoll. Der späte Erbe muss seine Erbenstellung lückenlos nachweisen, oft durch Urkunden wie Geburts- oder Heiratsurkunden. Der Staat ist sogar verpflichtet, Zinsen auf das verwaltete Kapital zu zahlen, da er als unrechtmäßiger Erbschaftsbesitzer gilt. [13] Dies unterstreicht die Wichtigkeit, die eigene gesetzliche Erbfolge zu kennen und im Zweifel professionelle Hilfe bei der Durchsetzung der eigenen Ansprüche in Anspruch zu nehmen.
Steuerliche Bewertung und die Rolle des Jahressteuergesetzes
Ein interessanter Aspekt der Fiskalerbschaft ist die Steuerfrage. Der Staat als Erbe ist von der Erbschaftsteuer vollständig befreit. [16] Dies dient der Verwaltungsvereinfachung, da sich der Staat nicht selbst besteuern soll. Die Bewertung des Nachlasses erfolgt dennoch nach den strengen Regeln des Bewertungsgesetzes (BewG), um den Wert für die Abwicklung und für eventuelle Gläubigeransprüche exakt zu ermitteln. [17] Änderungen, wie die durch das Jahressteuergesetz 2022, das die Bewertungsverfahren an die Immobilienwertermittlungsverordnung anpasste, sorgen für eine marktnahe Bewertung von Immobilien. [21]
Die Bewertungsmethoden sind je nach Vermögensart unterschiedlich:
Immobilien: Bewertung meist im Vergleichswert- oder Ertragswertverfahren, oft durch Sachverständigengutachten. [17]
Wertpapiere: Ansatz mit dem niedrigsten Börsenkurs am Todestag. [17]
Unternehmensanteile: Komplexe Bewertung, die in der Regel ein Gutachten erfordert. [17]
Diese genaue Wertermittlung ist die Basis für die Befriedigung von Gläubigern und die spätere Herausgabe an doch noch auftauchende Erben. [17] Sie stellt sicher, dass die Abwicklung des Nachlassverfahrens transparent und nachvollziehbar bleibt.
Die Abwicklung eines Nachlasses ohne Erben durch den Fiskus in München ist ein komplexer und langwieriger Prozess. Die beste Strategie ist, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Mit einer klaren Nachlassplanung stellen Sie sicher, dass Ihr Vermögen an die von Ihnen gewünschten Personen oder Organisationen geht. Ein Mandant verhinderte durch ein einfaches Testament, dass sein Vermögen von 300.000 € an den Staat fiel, und unterstützte stattdessen eine lokale Stiftung.
Wir beraten Sie persönlich und entwickeln maßgeschneiderte Lösungen für Ihre Situation. Ein Testament oder ein Erbvertrag sind einfache Instrumente, um die gesetzliche Erbfolge auszuschließen und den Fiskus als Erben zu vermeiden. [14] So stellen Sie sicher, dass Ihr Lebenswerk in die richtigen Hände gelangt. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung und erfahren Sie, wer Ihren Nachlass regeln sollte.
Literatur
[[1]]: § 342 FamFG - Nachlasssachen: https://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__342.html
[[2]]: Gesetzliche Erben - § 1964 BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1964.html
[[3]]: BGB § 1936 - Erbrecht des Staates: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1936.html
[[4]]: Fiskalerbschaft: Wenn der Staat zum Erben wird: https://www.anwalt.org/fiskalerbschaft/
[[6]]: Nachlasspflegschaft: Aufgaben und Pflichten: https://de.wikipedia.org/wiki/Nachlasspflegschaft
[[7]]: Nachlasspflegschaft: https://de.wikipedia.org/wiki/Nachlasspflegschaft
[[8]]: Erbrecht im BGB: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1942.html
[[11]]: § 1966 BGB - Einzelnorm: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1966.html
[[14]]: Erbschaftsteuer in Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/Erbschaftsteuer_in_Deutschland
[[16]]: Erbschaftssteuer: Freibeträge und Spartipps: https://www.finanztip.de/erbschaftssteuer/
[[18]]: Staatserbrecht - Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Staatserbrecht
[[19]]: Staatserbrecht – Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Staatserbrecht
[[21]]: Bedarfsbewertung - Was ist das?: https://www.smartsteuer.de/online/lexikon/b/bedarfsbewertung/
FAQ
Wer ist für die Abwicklung eines Nachlasses ohne Erben in München zuständig?
Zunächst ist das zuständige Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen für die Feststellung des Fiskalerbrechts zuständig. Die anschließende Verwaltung und Verwertung des Nachlasses für den Freistaat Bayern wird vom Landesamt für Finanzen und der Immobilien Freistaat Bayern übernommen.
Was sind die ersten Schritte, wenn ein Nachlass ohne Erben anfällt?
Das Nachlassgericht leitet eine Erbenermittlung ein. Parallel dazu wird oft ein Nachlasspfleger bestellt. Dieser sichert das Vermögen, erstellt ein Verzeichnis aller Werte und Verbindlichkeiten und kümmert sich um dringende Angelegenheiten wie die Kündigung von Verträgen.
Haftet der Staat für Schulden des Erblassers?
Ja, aber nur beschränkt. Der Staat erbt zwar auch die Schulden, muss für deren Tilgung aber nur das geerbte Vermögen einsetzen. Reicht der Nachlasswert nicht aus, um alle Schulden zu begleichen, gehen die restlichen Gläubiger leer aus. Das Privatvermögen des Staates wird nicht angetastet.
Was kann ich als Gläubiger tun, wenn mein Schuldner ohne Erben verstirbt?
Sie sollten sich umgehend an das zuständige Nachlassgericht wenden und Ihre Forderung anmelden. Sie können dort auch die Bestellung eines Nachlasspflegers anregen, damit Sie einen offiziellen Ansprechpartner haben, gegenüber dem Sie Ihre Ansprüche geltend machen können.
Ich habe erst Jahre später von meiner Erbschaft erfahren. Was nun?
Sie haben bis zu 30 Jahre Zeit, Ihr Erbrecht gegenüber dem Fiskus nachzuweisen. Sie müssen Ihre Erbenstellung lückenlos belegen können. Gelingt dies, muss der Staat den realisierten Wert des Nachlasses inklusive Zinsen an Sie auszahlen. Wir empfehlen hierfür dringend eine anwaltliche Beratung.
Wie kann ich verhindern, dass der Staat mein Vermögen erbt?
Der einfachste und sicherste Weg ist die Errichtung eines Testaments oder der Abschluss eines Erbvertrags. Darin können Sie frei bestimmen, wer Ihr Vermögen erhalten soll. Wir beraten Sie persönlich, um eine rechtssichere und auf Ihre Wünsche zugeschnittene Lösung zu gestalten.