Scheidung mit Auslandsbezug: So sichern Sie Ihre Rentenansprüche im Versorgungsausgleich
Eine Mandantin kam zu uns, weil bei ihrer Scheidung eine schweizerische Pensionskasse übersehen wurde – ein potenzieller Verlust von über 80.000 €. Den Versorgungsausgleich bei einer Scheidung mit ausländischen Rentenansprüchen richtig zu klären, ist kein Selbstläufer. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Ansprüche vollständig erfassen und gerecht aufteilen.
Das Thema kurz und kompakt
Ausländische Rentenansprüche können von deutschen Gerichten nicht direkt geteilt werden; der Ausgleich erfolgt meist über den unsicheren „schuldrechtlichen Versorgungsausgleich“.
Strategische Optionen wie eine Abfindungszahlung oder die Verrechnung mit inländischen Anrechten bieten sofortige finanzielle Sicherheit und vermeiden Risiken.
Die Schutzvorschrift § 19 Abs. 3 VersAusglG kann die Teilung deutscher Renten sperren, wenn der andere Partner hohe ausländische Anrechte besitzt, um Ungerechtigkeiten zu vermeiden.
Bei einer Scheidung in Deutschland teilt das Gericht die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche beider Partner zur Hälfte auf. Dieser Vorgang, der Versorgungsausgleich, wird komplex, wenn einer oder beide Partner im Ausland gearbeitet und dort Rentenanwartschaften erworben haben. Viele Paare verlieren hier bares Geld, weil ausländische Anrechte entweder gar nicht oder falsch bewertet werden. Eine sorgfältige Prüfung und strategische Planung sind entscheidend, um eine gerechte und finanziell sichere Zukunft nach der Ehe zu gewährleisten. Mit der richtigen anwaltlichen Begleitung stellen Sie sicher, dass kein Euro Ihrer Altersvorsorge auf der Strecke bleibt.
Die doppelte Herausforderung: Deutsche Gerichte und ausländische Renten
Der Versorgungsausgleich erfasst grundsätzlich alle in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften, egal ob im Inland oder Ausland. [2] Das Problem: Ein deutsches Familiengericht kann keine direkte Teilung einer ausländischen Rente anordnen, da es keine Hoheitsgewalt über einen Versorgungsträger in z.B. der Schweiz oder den USA hat. [5] Dies führt zu einer Lücke im System, die ohne fachkundige Hilfe schnell zu einer ungerechten Verteilung führen kann. Viele übersehen, dass das Gericht ausländische Anrechte zwar nicht direkt teilt, aber bei der Gesamtbewertung berücksichtigen muss. Das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) sieht für diese Fälle spezielle Regelungen vor, um eine grobe Unbilligkeit zu vermeiden. [4] Ohne korrekte Erfassung und Bewertung droht einem Partner ein Verlust von bis zu 50 % der gesamten Altersvorsorge. Die Klärung der internationalen Zuständigkeit ist daher der erste entscheidende Schritt im Verfahren.
Zuständigkeit klären: Welches Gericht entscheidet über Ihre Rente?
Bevor es um die Teilung geht, muss die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts geklärt werden. Diese richtet sich meist nach der Zuständigkeit für die Ehescheidung selbst. [3] Die EU-Verordnung „Brüssel IIb“ (VO (EU) 2019/1111) regelt dies für die meisten europäischen Fälle und ist seit dem 1. August 2022 in Kraft. [3] Leben beispielsweise beide Ehegatten in Deutschland, sind deutsche Gerichte zuständig. Selbst wenn die Scheidung im Ausland erfolgte, kann der Versorgungsausgleich unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich in Deutschland durchgeführt werden. Ein Fachanwalt für Familienrecht prüft für Sie die komplexen Regelungen nach § 102 FamFG. Die korrekte Bestimmung der Zuständigkeit verhindert Verzögerungen von oft mehr als 12 Monaten. Wurde die Zuständigkeit einmal falsch festgestellt, kann dies den gesamten Prozess um Jahre zurückwerfen. Die richtige Weichenstellung zu Beginn ist entscheidend für den weiteren Verlauf.
Der schuldrechtliche Ausgleich: Eine Notlösung mit Tücken
Da deutsche Gerichte ausländische Renten nicht direkt aufteilen können, verweisen sie den Ausgleich in den sogenannten „schuldrechtlichen Versorgungsausgleich“. [1] Das bedeutet: Der ausgleichspflichtige Partner muss dem anderen nach Renteneintritt monatlich die Hälfte des zustehenden Betrags selbst überweisen. Ein Beispiel: Der Ehemann hat während der Ehe einen Anspruch auf 120 € Monatsrente aus einer Schweizer Pensionskasse erworben. Nach Renteneintritt müsste er seiner Ex-Frau davon 60 € pro Monat zahlen. [1] Dieses Vorgehen birgt jedoch erhebliche Risiken:
Zahlungsausfall: Der verpflichtete Ex-Partner zahlt nicht, lebt im Ausland oder ist nicht auffindbar.
Währungsrisiko: Schwankungen bei Fremdwährungen können den realen Wert der Zahlung mindern.
Verzögerung: Der Anspruch wird erst fällig, wenn beide Partner das Rentenalter erreichen.
Verwirkung: Bei Wiederheirat des Berechtigten kann der Anspruch unter Umständen entfallen.
Eine Abfindungszahlung kann diese Risiken oft umgehen und bietet sofortige Sicherheit. Es gibt bessere Wege, um Ihre Ansprüche zu sichern, als sich auf diese unsichere Methode zu verlassen.
Bessere Alternativen: Abfindung und Verrechnung als strategische Optionen
Um die Nachteile des schuldrechtlichen Ausgleichs zu vermeiden, gibt es effektivere Lösungen. Eine Möglichkeit ist die Vereinbarung einer zweckgebundenen Abfindung nach § 23 VersAusglG. [5] Dabei wird der Kapitalwert des ausländischen Anspruchs ermittelt und die Hälfte davon direkt an den Versorgungsträger des berechtigten Partners gezahlt. Dies schafft sofort vollendete Tatsachen und sichert das Geld für Ihre Altersvorsorge. Eine weitere Option ist die Verrechnung: Besitzt Partner A eine ausländische Anwartschaft im Wert von 40.000 € und Partner B eine inländische im Wert von 50.000 €, kann man vereinbaren, dass die ausländische Rente nicht geteilt wird und Partner B im Gegenzug nur 5.000 € (die Hälfte der Differenz) von seiner Rente abgibt. [1] Solche Regelungen erfordern eine notarielle Vereinbarung, die wir im Rahmen eines Scheidungsverfahrens für Sie gestalten. Diese proaktive Gestaltung sichert Ihre finanzielle Zukunft.
Die Ausgleichssperre nach § 19 VersAusglG: Ihr Schutzschild gegen Ungerechtigkeit
Was passiert, wenn ein Partner hohe ausländische Anrechte hat, der andere aber nur inländische? Hier greift die Schutzvorschrift des § 19 Abs. 3 VersAusglG. [5] Sie soll eine grobe Unbilligkeit verhindern. Beispiel: Die Ehefrau muss von ihrer deutschen Rente 300 € an den Ehemann abgeben. Der Ehemann hat aber in den USA eine Anwartschaft erworben, die umgerechnet 500 € wert ist. Ohne Regelung würde die Frau teilen müssen, bekäme aber aus der US-Rente vorerst nichts. Das Gericht kann in diesem Fall anordnen, dass die Teilung der deutschen Rente ganz oder teilweise ausgesetzt wird. Die Ermittlung des genauen Werts der ausländischen Anwartschaft ist dafür unerlässlich, auch wenn es Monate dauern kann. [2] Ein erfahrener Anwalt stellt sicher, dass diese Bewertung korrekt erfolgt und die Ausgleichssperre zu Ihren Gunsten beantragt wird. So wird verhindert, dass Sie in Vorleistung gehen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten.
Praktische Schritte zur Sicherung Ihrer Ansprüche: Eine Checkliste
Um den Versorgungsausgleich bei einer Scheidung mit ausländischen Rentenansprüchen richtig zu klären, ist eine strukturierte Vorgehensweise entscheidend. Wir unterstützen Sie bei jedem Schritt, von der ersten Datensammlung bis zur finalen Regelung. Die folgende Liste fasst die wichtigsten Maßnahmen zusammen:
Vollständige Dokumentation: Sammeln Sie frühzeitig alle Unterlagen zu sämtlichen Altersvorsorgen beider Partner im In- und Ausland.
Auskunft einholen: Beantragen Sie bei den ausländischen Versorgungsträgern eine detaillierte Auskunft über die Höhe der erworbenen Anrechte. Dies kann 6-12 Monate dauern.
Wertgutachten: Lassen Sie bei komplexen oder privaten ausländischen Versorgungssystemen ein versicherungsmathematisches Gutachten erstellen.
Rechtliche Prüfung: Ein Fachanwalt für Familienrecht muss die internationale Zuständigkeit und das anwendbare Recht prüfen.
Strategie festlegen: Entscheiden Sie gemeinsam mit Ihrem Anwalt, ob eine Abfindung, eine Verrechnung oder der Weg über die Ausgleichssperre am sinnvollsten ist.
Notarielle Vereinbarung: Halten Sie jede Einigung in einem Ehevertrag oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung fest, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Diese sorgfältige Vorbereitung minimiert die Kosten und die Dauer des Verfahrens erheblich.
Der Versorgungsausgleich mit Auslandsbezug ist eine der komplexesten Materien im Familienrecht. Pauschale Lösungen gibt es nicht, jeder Fall erfordert eine individuelle Analyse und eine maßgeschneiderte Strategie. Wir bei braun-legal verbinden juristische Präzision mit persönlicher Betreuung. Statt Sie an anonyme Anwälte zu vermitteln, steht Ihnen ein erfahrener Jurist zur Seite, der Ihre Situation versteht und Ihre Interessen konsequent vertritt. Wir übersetzen für Sie das Juristendeutsch und zeigen Ihnen klare Handlungsoptionen auf. Vereinbaren Sie einen Termin für eine Erstberatung, damit wir gemeinsam Ihre finanzielle Zukunft nach der Scheidung sichern können.
Literatur
FAQ
Was passiert mit meiner Rente aus einem EU-Land bei der Scheidung in Deutschland?
Auch Renten aus EU-Ländern kann ein deutsches Gericht nicht direkt teilen. Versicherungszeiten in einem EU-Staat werden aber oft wie deutsche Zeiten behandelt, was z.B. für die Erfüllung von Wartezeiten relevant ist. Der Ausgleich selbst erfolgt meist schuldrechtlich oder über eine vereinbarte Abfindung.
Mein Ex-Partner lebt im Ausland. Wie kann ich meinen Anspruch durchsetzen?
Die Durchsetzung eines schuldrechtlichen Ausgleichsanspruchs im Ausland ist schwierig und kostspielig. Genau aus diesem Grund raten wir bei braun-legal zu Lösungen wie einer einmaligen Abfindungszahlung, die den Anspruch sofort und endgültig regelt und Ihnen diese Unsicherheit erspart.
Welche Rolle spielt ein Ehevertrag beim Versorgungsausgleich mit Auslandsbezug?
In einem Ehevertrag oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung können Sie den Versorgungsausgleich individuell regeln. Sie können ihn ganz ausschließen, modifizieren oder festlegen, wie mit ausländischen Anrechten umgegangen wird. Dies schafft von vornherein Klarheit und vermeidet spätere Streitigkeiten.
Was kostet die Klärung des Versorgungsausgleichs bei Auslandsrenten?
Die Kosten hängen von der Komplexität des Falles ab. Neben den Anwalts- und Gerichtskosten können Kosten für versicherungsmathematische Gutachten zur Bewertung der Auslandsrente anfallen. Eine frühzeitige und gütliche Einigung hilft, die Gesamtkosten deutlich zu senken.
Kann der Versorgungsausgleich auch nach der Scheidung im Ausland nachgeholt werden?
Ja, wenn die Scheidung im Ausland ohne Versorgungsausgleich stattfand, kann dieser in Deutschland in einem isolierten Verfahren nachgeholt werden. Voraussetzung ist unter anderem, dass ein deutsches Gericht international zuständig ist, z.B. weil ein Partner hier lebt oder inländische Anrechte bestehen.
Mein Partner hat in der Schweiz gearbeitet. Gibt es dort Besonderheiten?
Ja, die Schweiz kennt ein dem deutschen Versorgungsausgleich ähnliches System. Dies kann die Abwicklung erleichtern. Dennoch ist eine genaue Prüfung notwendig, da sich die Systeme im Detail unterscheiden. Eine Verrechnung oder Abfindung ist auch hier oft die bessere Lösung.