Scheidung & Schulden: So regeln Sie die Aufteilung von Krediten fair
Ein Mandant sah sich mit 150.000 € Schulden seines Ex-Partners konfrontiert. Durch eine klare anwaltliche Regelung haftet er heute für 0 € dieser Summe. Eine Scheidung ist emotional belastend genug, ungeklärte Finanzen sollten nicht zur Existenzbedrohung werden.
Das Thema kurz und kompakt
Grundsätzlich haftet jeder Ehepartner nur für seine eigenen Schulden, es sei denn, ein Vertrag wurde gemeinsam unterschrieben (Gesamtschuldnerische Haftung).
Bei gemeinsamen Krediten kann die Bank die gesamte Summe von einem beliebigen Partner fordern, unabhängig von internen Absprachen.
Eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung ist das sicherste Instrument, um die Aufteilung von Schulden rechtsverbindlich und durchsetzbar zu regeln.
Die Trennung vom Partner ist eine der größten emotionalen und finanziellen Herausforderungen im Leben. Wenn gemeinsame Schulden, wie ein Immobilienkredit über 300.000 €, im Spiel sind, wird die Situation schnell komplex. Viele Paare wissen nicht, dass sie gegenüber der Bank auch nach der Trennung weiterhin gemeinsam haften. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Sie die Aufteilung von gemeinsamen Schulden und Krediten bei der Scheidung rechtssicher regeln. Wir erklären die gesetzlichen Grundlagen, stellen Ihnen drei praxiserprobte Strategien vor und zeigen, wie Sie mit einer professionellen Vereinbarung teure Rechtsstreitigkeiten vermeiden. So schützen Sie Ihr Vermögen und schaffen eine sichere finanzielle Basis für Ihren neuen Lebensabschnitt.
Das Grundprinzip verstehen: Wer haftet für welche Schulden?
In Deutschland leben Ehepaare ohne Ehevertrag standardmäßig in der Zugewinngemeinschaft. Ein verbreiteter Irrtum ist, dass man automatisch für die Schulden des Partners haftet; das Gesetz stellt in § 1363 Abs. 2 BGB klar, dass jeder für seine eigenen Verbindlichkeiten verantwortlich ist. Nimmt also ein Partner allein einen Konsumkredit über 15.000 € auf, haftet nur er dafür.
Die entscheidende Ausnahme von dieser Regel ist die gesamtschuldnerische Haftung nach § 421 BGB. Diese entsteht, wenn beide Partner einen Vertrag, zum Beispiel einen Darlehensvertrag, gemeinsam unterschreiben. In diesem Fall kann die Bank die gesamte Schuldsumme von nur einem der beiden Partner einfordern.
Diese Unterscheidung ist die Basis für jede weitere Planung zur Aufteilung der Finanzen. Das Verständnis der Haftungsregeln ist der erste Schritt, um die Weichen für eine faire Schuldenregelung zu stellen.
Gemeinsame Kredite: Die gesamtschuldnerische Haftung als größtes Risiko
Die gesamtschuldnerische Haftung ist bei Scheidungen oft die größte finanzielle Gefahr. Haben Sie gemeinsam einen Immobilienkredit über 400.000 € aufgenommen, sind Sie beide für die volle Summe verantwortlich. Die Bank interessiert sich nicht für Ihre internen Absprachen oder wer das Haus nach der Trennung nutzt.
Stellt Ihr Ex-Partner die Zahlungen ein, kann die Bank die gesamte monatliche Rate von beispielsweise 1.600 € von Ihnen verlangen. Sie haften mit Ihrem gesamten Privatvermögen. Intern besteht zwar ein Ausgleichsanspruch, oft hälftig nach § 426 BGB, doch diesen müssen Sie privat einklagen, was Jahre dauern kann.
Diese Regelung schützt die Bank, kann aber einen der Partner in den finanziellen Ruin treiben. Daher ist es unerlässlich, eine verbindliche Lösung für die laufenden Kredite an einer Immobilie zu finden, bevor die Situation eskaliert.
Drei praxiserprobte Strategien zur Regelung gemeinsamer Kredite
Um die Haftungsfalle zu umgehen, gibt es drei bewährte Lösungswege. Diese helfen Ihnen, die gemeinsamen Schulden und Kredite bei der Scheidung sauber zu trennen:
Kreditablösung durch Verkauf: Sie verkaufen die gemeinsame Immobilie oder andere Vermögenswerte und tilgen mit dem Erlös den Kredit vollständig. Dies ist oft die sauberste Lösung, da die Schuld bei der Bank beglichen wird und beide Partner schuldenfrei sind.
Schuldübernahme durch einen Partner: Ein Partner übernimmt den Kredit und den Vermögenswert (z.B. die Immobilie) allein. Hierfür ist die Zustimmung der Bank zwingend erforderlich, die eine Bonitätsprüfung des übernehmenden Partners durchführt. Diese wird nur erteilt, wenn die Bank sicher ist, dass der eine Partner den Kredit allein tragen kann.
Interne Freistellungsvereinbarung: Sie legen in einer Scheidungsfolgenvereinbarung fest, dass ein Partner den Kredit weiter abzahlt. Dieser verpflichtet sich, den anderen von allen Forderungen der Bank freizustellen. Gegenüber der Bank haften Sie zwar weiterhin gemeinsam, aber Sie haben einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch gegen Ihren Ex-Partner.
Jede dieser Optionen hat weitreichende finanzielle Konsequenzen und sollte sorgfältig geprüft werden.
Sonderfall Immobilie: Das finanzielle Herzstück der Scheidung fair aufteilen
Bei den meisten Scheidungen ist eine gemeinsam finanzierte Immobilie der größte Streitpunkt. Ein Hauskredit von 350.000 € bindet nicht nur Kapital, sondern ist auch emotional aufgeladen. Zieht ein Partner aus, stellt sich sofort die Frage, wer die monatlichen Raten von z.B. 1.500 € weiterzahlt.
Die Schulden werden im Rahmen des Zugewinnausgleichs vom Vermögen abgezogen. Ein häufiger Fehler ist die Annahme, dass derjenige, der im Haus bleibt, automatisch allein für den Kredit aufkommt. Ohne eine klare Regelung bleibt die 50/50-Haftung im Innenverhältnis bestehen.
Eine unklare Situation kann zu einer Zwangsversteigerung führen, bei der die Immobilie oft bis zu 30 % unter Marktwert verkauft wird. Eine frühzeitige Einigung im Rahmen des Scheidungsverfahrens ist daher wirtschaftlich entscheidend.
Die Scheidungsfolgenvereinbarung: Ihr wichtigstes Instrument zur Risikosteuerung
Die beste Methode, um die Aufteilung von gemeinsamen Schulden und Krediten bei der Scheidung zu regeln, ist eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung. Dieses Dokument ist ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen Ihnen und Ihrem Ex-Partner. Für ihre Gültigkeit ist eine notarielle Beurkundung zwingend erforderlich, insbesondere bei Regelungen zum Zugewinn oder zu Immobilien.
Hier können Sie detailliert festlegen, wer welche Verbindlichkeit übernimmt. Zum Beispiel wird festgehalten, dass Partner A den Autokredit über 12.000 € und Partner B die restlichen 25.000 € des Renovierungskredits bedient. Eine solche Vereinbarung schafft vollstreckbare Tatsachen und verhindert spätere, teure Auseinandersetzungen.
Sie ist eine Investition in Ihre finanzielle Sicherheit und kann ähnlich wie ein Ehevertrag vorab viele Konflikte lösen. So stellen Sie sicher, dass mündliche Absprachen auch nach Jahren noch Bestand haben.
Kostenfallen vermeiden: Anwaltliche Beratung sichert finanzielle Zukunft
Die Regelung von Schulden bei einer Scheidung ist komplex und fehleranfällig. Eine falsche Berechnung beim Zugewinnausgleich oder eine ungültige Vereinbarung kann Sie Zehntausende von Euro kosten. Ein BGH-Urteil (Az. XII ZR 94/86) bestätigt, dass der Güterstand den Gesamtschuldnerausgleich nicht automatisch beeinflusst.
Auch steuerliche Aspekte, wie eine mögliche Schenkungssteuer bei der Übertragung von Vermögen, müssen bedacht werden. Wir beraten Sie persönlich und stellen sicher, dass Ihre Vereinbarung nicht nur rechtssicher, sondern auch steuerlich für Sie optimal ist.
Eine professionelle Begleitung minimiert die Kosten der Scheidung, indem sie langwierige Gerichtsverfahren von vornherein verhindert. So können Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren: Ihren Neuanfang.
Literatur
FAQ
Mein Ex-Partner zahlt den gemeinsamen Hauskredit nicht mehr. Was kann ich tun?
Sie sollten sofort die Bank kontaktieren und die Raten selbst übernehmen, um eine Kündigung des Kredits oder negative Schufa-Einträge zu vermeiden. Gleichzeitig haben Sie einen Anspruch auf Ausgleich (Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB) gegen Ihren Partner. Diesen Anspruch sollten Sie anwaltlich durchsetzen lassen.
Hafte ich für die Schulden, die mein Partner während der Ehe gemacht hat?
Nein, grundsätzlich nicht. In der Zugewinngemeinschaft haftet jeder für seine eigenen Schulden. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Sie den entsprechenden Vertrag (z.B. Kredit, Bürgschaft) mitunterschrieben haben oder es sich um ein Geschäft zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs handelte.
Was ist eine Freistellungsvereinbarung?
Eine Freistellungsvereinbarung ist eine interne Abmachung zwischen Ihnen und Ihrem Ex-Partner. Darin verpflichtet sich einer, die Kreditraten allein zu zahlen und den anderen von Forderungen der Bank freizustellen. Wichtig: Diese Vereinbarung gilt nicht für die Bank. Sie bietet Ihnen aber eine rechtliche Grundlage, um Zahlungen von Ihrem Partner einzufordern.
Muss eine Regelung über Schulden immer notariell beurkundet werden?
Wenn die Regelung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen wird und Themen wie den Zugewinnausgleich, nachehelichen Unterhalt oder Immobilienübertragungen betrifft, ist eine notarielle Beurkundung gesetzlich vorgeschrieben, um wirksam zu sein.
Wir haben das gemeinsame Haus verkauft. Wie wird der Erlös bei Schulden aufgeteilt?
Vom Verkaufserlös wird zuerst der gemeinsame Kredit bei der Bank getilgt. Ein eventueller Überschuss wird nach Abzug aller Kosten (z.B. Makler, Notar) unter Ihnen aufgeteilt, in der Regel entsprechend Ihrer Eigentumsanteile, die im Grundbuch stehen (meist 50/50).
Was passiert, wenn wir uns über die Schulden nicht einigen können?
Wenn keine Einigung möglich ist, muss das Gericht im Rahmen des Scheidungsverfahrens oder in einem separaten Verfahren entscheiden. Dies führt oft zu hohen Kosten und langwierigen Auseinandersetzungen. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung und der Versuch einer außergerichtlichen Einigung sind daher immer zu empfehlen.