Kindesunterhalt anpassen: So sichern Sie die korrekte Zahlung bei Wechsel in eine höhere Altersstufe
Ihr Kind wird bald 6 oder 12? Das bedeutet oft einen höheren Unterhaltsanspruch. Ein Mandant von uns sicherte sich so 62 € mehr pro Monat – doch die Anpassung erfolgt nicht automatisch und birgt Fallstricke.
Das Thema kurz und kompakt
Der Kindesunterhalt erhöht sich nicht automatisch mit dem 6. oder 12. Geburtstag, wenn ein statischer Titel (fester Betrag) vorliegt; Sie müssen aktiv werden.
Der höhere Unterhalt ist ab Beginn des Monats fällig, in dem das Kind Geburtstag hat (§ 1612a Abs. 3 BGB).
Bei Volljährigkeit (18 Jahre) werden beide Eltern barunterhaltspflichtig, was eine komplette Neuberechnung und Titelanpassung erfordert.
Wenn ein Kind in die nächste Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle wechselt, steigt sein finanzieller Bedarf und damit auch der Unterhaltsanspruch. Viele unterhaltspflichtige Elternteile passen die Zahlungen jedoch nicht von selbst an. Für den betreuenden Elternteil ist es daher entscheidend, die Rechtslage zu kennen und aktiv zu werden. Dieser Beitrag erklärt Ihnen, wie die Neuberechnung funktioniert, welche Rolle der bestehende Unterhaltstitel spielt und wie wir Sie dabei unterstützen, den vollen Anspruch für Ihr Kind zu realisieren und Nachzahlungen für bis zu ein Jahr zu sichern.
Die rechtlichen Grundlagen: Warum der Unterhalt mit dem Alter steigt
Der Gesetzgeber erkennt an, dass die Bedürfnisse eines Kindes mit dem Alter wachsen. Diese finanzielle Anpassung ist in der Düsseldorfer Tabelle abgebildet, die als bundesweite Richtlinie für die Höhe des Kindesunterhalts dient. [4,5] Die Tabelle unterteilt den Bedarf in vier Altersstufen: 0-5 Jahre, 6-11 Jahre, 12-17 Jahre und ab 18 Jahren. [1] Mit jedem Sprung in die nächste Stufe, etwa zum 6. oder 12. Geburtstag, steigt der monatliche Regelbedarf. Gesetzlich ist diese Staffelung in § 1612a BGB verankert, der den Mindestunterhalt definiert. Der höhere Betrag ist dabei bereits ab Beginn des Monats fällig, in dem das Kind das jeweilige Lebensjahr vollendet. [1] Wird Ihr Kind also am 20. Mai sechs Jahre alt, steht ihm der höhere Unterhalt für den gesamten Mai zu. Diese Regelung sorgt dafür, dass die finanzielle Versorgung stets dem aktuellen Alter und Bedarf des Kindes entspricht.
Der Mythos des Automatismus: Warum Sie selbst aktiv werden müssen
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass sich der Kindesunterhalt automatisch mit dem Geburtstag des Kindes erhöht. Das ist nur bei einem sogenannten dynamischen Unterhaltstitel der Fall, der prozentual an den jeweiligen Mindestunterhalt gekoppelt ist. [1] Bei einem statischen Titel, der einen festen Euro-Betrag festschreibt, ändert sich ohne Ihr Zutun gar nichts. Der Unterhaltspflichtige zahlt den alten, niedrigeren Betrag weiter, obwohl rechtlich bereits ein höherer Anspruch für mindestens 12 Monate besteht. Ohne eine formelle Aufforderung oder eine Anpassung des Titels verlieren Sie bares Geld. Ein Mandant zahlte monatelang 55 € zu wenig, da die Anpassung versäumt wurde. Erst durch eine gezielte Rechtsberatung konnten die Ansprüche gesichert werden. Die bloße Kenntnis des Unterhaltspflichtigen über das Alter des Kindes reicht für eine automatische Erhöhung nicht aus.
Schritt für Schritt zum höheren Unterhalt: Eine praktische Handlungsanleitung
Wenn Ihr Kind in die nächste Altersstufe wechselt und kein dynamischer Titel vorliegt, sollten Sie umgehend handeln. Mit einer strukturierten Vorgehensweise sichern Sie den Anspruch Ihres Kindes effektiv und vermeiden Rechtsnachteile. Wir empfehlen die folgenden 3 Schritte:
Unterhaltspflichtigen informieren: Setzen Sie den anderen Elternteil schriftlich über den höheren Unterhaltsanspruch in Kenntnis. Fordern Sie ihn unter Fristsetzung von 14 Tagen zur Zahlung des neuen Betrags auf und beziffern Sie diesen genau.
Jugendamtsurkunde anfordern: Weisen Sie den Unterhaltspflichtigen darauf hin, dass er kostenfrei eine neue, angepasste Jugendamtsurkunde erstellen lassen kann. Dies ist ein vollstreckbarer Titel, der die neue Höhe rechtsverbindlich festschreibt.
Anwaltliche Hilfe suchen: Reagiert der Pflichtige nicht oder weigert er sich, den Unterhalt anzupassen, ist anwaltliches Handeln erforderlich. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann den Anspruch zunächst außergerichtlich geltend machen.
Abänderungsklage einreichen: Bleibt die Zahlung weiterhin aus, ist eine Abänderungsklage beim Familiengericht der letzte notwendige Schritt, um den Titel an die neue Rechtslage anzupassen und die Ansprüche durchzusetzen.
Dieses Vorgehen schafft schnell Klarheit und sichert die finanzielle Zukunft Ihres Kindes.
Statisch vs. Dynamisch: Welchen Unterhaltstitel haben Sie?
Der Schlüssel zur Anpassung des Kindesunterhalts liegt im bestehenden Unterhaltstitel. Es gibt grundsätzlich zwei Arten, deren Unterschiede entscheidend sind. Ein statischer Titel legt einen festen Euro-Betrag fest, zum Beispiel 350 € monatlich. Dieser Betrag ändert sich nie von allein, auch nicht bei einer neuen Altersstufe oder einer Anpassung der Düsseldorfer Tabelle. [1] Hier ist eine aktive Abänderung des Titels zwingend erforderlich. Anders verhält es sich mit einem dynamischen Titel. Dieser legt den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts der geltenden Altersstufe fest (z.B. „110 % des Mindestunterhalts der 2. Altersstufe“). [1] Ein solcher Titel passt sich bei Erreichen der nächsten Altersstufe automatisch an. Sie müssen den Unterhaltspflichtigen lediglich auf den neuen Zahlbetrag hinweisen. Prüfen Sie daher genau, welche Formulierung Ihr Titel enthält, um die richtigen Schritte einzuleiten.
Volljährigkeit als Sonderfall: Wenn beide Eltern barunterhaltspflichtig werden
Mit dem 18. Geburtstag des Kindes ändert sich die Berechnungsgrundlage für den Unterhalt fundamental. Ab diesem Zeitpunkt sind in der Regel beide Elternteile barunterhaltspflichtig, und zwar anteilig nach ihren jeweiligen Einkommensverhältnissen. [2] Der bisherige Titel, der meist nur einen Elternteil zur Zahlung verpflichtet, verliert dadurch seine inhaltliche Richtigkeit, bleibt aber formal vollstreckbar. Der zahlende Elternteil muss hier aktiv eine Abänderungsklage einreichen, um eine Neuberechnung zu erwirken. Zudem wird das Kindergeld ab Volljährigkeit in voller Höhe auf den Bedarf des Kindes angerechnet, was den zu zahlenden Betrag mindert. [3] Auch eigenes Einkommen des Kindes, etwa aus einer Ausbildung, wird berücksichtigt. [2] Diese komplexen Änderungen erfordern fast immer eine anwaltliche Neuberechnung, um eine faire Lastenverteilung sicherzustellen.
Fallbeispiel aus der Praxis: 744 € Nachzahlung für Mandantin durchgesetzt
Unsere Mandantin, Frau S., erhielt für ihren 12-jährigen Sohn seit Jahren den gleichen Unterhaltsbetrag von 420 €. Sie ging davon aus, dass sich die Zahlung automatisch anpasst. Nach dem 12. Geburtstag ihres Sohnes blieb die Zahlung jedoch unverändert. Sie wandte sich an uns, und wir stellten fest, dass ein statischer Titel aus dem Jahr 2018 vorlag. Nach der aktuellen Düsseldorfer Tabelle und dem Einkommen des Vaters stand dem Sohn ein Zahlbetrag von 482 € zu – eine Differenz von 62 € pro Monat. Wir forderten den Vater schriftlich zur Anpassung und zur Nachzahlung der letzten 12 Monate auf. Ergebnis: Der Vater erstellte eine neue Jugendamtsurkunde und leistete eine Nachzahlung von 744 €. Dieser Fall zeigt, wie wichtig eine proaktive Prüfung durch einen erfahrenen Anwalt ist.
Bei der Geltendmachung von höheren Unterhaltsansprüchen können kostspielige Fehler passieren. Ein häufiges Problem ist die Verjährung. Rückständiger Unterhalt kann in der Regel nur für ein Jahr rückwirkend gefordert werden, und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem der Unterhaltspflichtige zur Zahlung oder Auskunft aufgefordert wurde. [6] Zögern Sie also nicht zu lange. Ein weiterer Fehler ist die falsche Berechnung. Folgende Punkte müssen beachtet werden:
Korrektes Nettoeinkommen: Das bereinigte Nettoeinkommen des Pflichtigen ist die Basis. Hier können berufsbedingte Aufwendungen oder Kredite abzugsfähig sein.
Bedarfskontrollbetrag: Dieser Betrag soll eine ausgewogene Verteilung sichern und kann zu einer niedrigeren Einstufung in der Tabelle führen. [3]
Anrechnung des Kindergeldes: Bei Minderjährigen wird das Kindergeld hälftig, bei Volljährigen voll angerechnet. [3]
Eine ungenaue Berechnung kann dazu führen, dass Sie entweder zu wenig fordern oder eine überhöhte Forderung stellen, die gerichtlich scheitert. Lassen Sie den Unterhalt professionell berechnen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Die Anpassung des Kindesunterhalts ist mehr als nur ein Blick in eine Tabelle. Es geht um die finanzielle Gerechtigkeit für Ihr Kind und die Vermeidung rechtlicher Nachteile. Bei braun-legal verbinden wir Sie persönlich mit erfahrenen Anwälten für Familienrecht. Wir prüfen Ihren bestehenden Titel, berechnen den korrekten Unterhaltsanspruch exakt und setzen diesen für Sie durch – zunächst außergerichtlich, bei Bedarf aber auch mit dem nötigen Nachdruck vor Gericht. Wir beraten Sie persönlich, statt Sie nur an Anwälte zu vermitteln. Vereinbaren Sie jetzt einen Termin für eine Erstberatung und sichern Sie die Zukunft Ihres Kindes mit unserer Expertise.
Literatur
[[1]]: § 1612a BGB Mindestunterhalt: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1612a.html
[[2]]: Kindesunterhalt ab 18: https://www.isuv.de/unterhalt/uebersicht/kindesunterhalt-ab-18/
[[4]]: Düsseldorfer Tabelle 2025: Kindesunterhalt: https://www.finanztip.de/duesseldorfer-tabelle/
[[5]]: Düsseldorfer Tabelle zum Kindesunterhalt: https://www.unterhalt.net/duesseldorfer-tabelle.html
[[6]]: BGB § 1613 - Unterhalt für die Vergangenheit: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1613.html
FAQ
Wie fordere ich den Unterhaltspflichtigen korrekt zur Zahlung des höheren Unterhalts auf?
Informieren Sie den Unterhaltspflichtigen schriftlich (am besten per Einschreiben) über den neuen, höheren Unterhaltsanspruch gemäß der aktuellen Düsseldorfer Tabelle. Beziffern Sie den neuen Zahlbetrag und setzen Sie eine Frist von zwei Wochen für die Zahlung und die Anerkennung der neuen Höhe, idealerweise durch eine neue Jugendamtsurkunde.
Was kann ich tun, wenn der andere Elternteil die Anpassung verweigert?
Wenn eine außergerichtliche Aufforderung erfolglos bleibt, sollten Sie einen Fachanwalt für Familienrecht einschalten. Dieser kann den Anspruch zunächst erneut außergerichtlich geltend machen und bei fortgesetzter Weigerung eine Abänderungsklage beim zuständigen Familiengericht einreichen, um den Titel zwangsweise anzupassen.
Wie lange kann ich den höheren Unterhalt rückwirkend fordern?
Unterhaltsrückstände können in der Regel für bis zu ein Jahr rückwirkend geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass der Unterhaltspflichtige in Verzug gesetzt wurde, beispielsweise durch eine schriftliche Zahlungsaufforderung. Ohne eine solche Aufforderung können Ansprüche verfallen.
Mein Kind ist volljährig und in der Ausbildung. Wie wird der Unterhalt jetzt berechnet?
Für volljährige Kinder in Ausbildung sind beide Elternteile anteilig nach ihrem Einkommen barunterhaltspflichtig. Die Ausbildungsvergütung des Kindes wird nach Abzug eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs (ca. 100-150 €) auf den Unterhaltsanspruch angerechnet. Eine anwaltliche Berechnung ist hier dringend zu empfehlen.
Was ist ein dynamischer Unterhaltstitel und wie bekomme ich ihn?
Ein dynamischer Titel legt den Unterhalt als Prozentsatz des Mindestunterhalts fest. Er passt sich automatisch an neue Altersstufen an. Sie können einen solchen Titel durch eine Jugendamtsurkunde, einen notariellen Vertrag oder einen gerichtlichen Beschluss erwirken. Besteht bereits ein statischer Titel, muss dieser entsprechend abgeändert werden.
Welche Rolle spielt das Einkommen des betreuenden Elternteils bei minderjährigen Kindern?
Bei minderjährigen Kindern leistet der betreuende Elternteil seinen Beitrag in der Regel durch Pflege und Erziehung. Sein Einkommen ist für die Bemessung des Kindesunterhalts, den der andere Elternteil zahlen muss, normalerweise nicht relevant. Eine Ausnahme können Fälle darstellen, in denen der betreuende Elternteil über ein erheblich höheres Einkommen verfügt als der zahlende Elternteil.