Erbschein bei Tod im Ausland: In 4 Schritten zur rechtlichen Anerkennung in Deutschland
Ihr Erblasser ist im Ausland verstorben, aber ein Teil des Vermögens liegt in Deutschland? Ein Mandant stand vor genau diesem Problem, als sein in Spanien verstorbener Onkel ein Depot in Frankfurt hinterließ. Ohne einen deutschen Erbschein war der Zugriff auf das Vermögen von über 250.000 € blockiert.
Das Thema kurz und kompakt
Für einen im Ausland Verstorbenen mit Vermögen in Deutschland kann ein deutscher Erbschein beantragt werden, wenn der Erblasser deutscher Staatsbürger war.
Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) ist eine Alternative zum Erbschein und erleichtert die Abwicklung, wenn sich Vermögen in mehreren EU-Ländern befindet.
Die Kosten des Verfahrens richten sich nach dem Nachlasswert (GNotKG) und können bei einem Wert von 500.000 € schnell über 1.800 € betragen.
Die Abwicklung eines Erbfalls wird komplex, wenn der Tod im Ausland eintritt, aber Vermögenswerte wie Immobilien oder Bankkonten in Deutschland existieren. Viele Erben sind unsicher, welches Gericht zuständig ist und welche Dokumente benötigt werden. Die EU-Erbrechtsverordnung hat seit 2015 vieles vereinheitlicht, doch die Tücken liegen im Detail. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie den Erbschein für einen im Ausland verstorbenen Erblasser in Deutschland beantragen, welche Rolle das Europäische Nachlasszeugnis spielt und wie Sie den Prozess um bis zu 3 Monate beschleunigen können. Wir führen Sie durch die notwendigen Schritte, um Rechtsklarheit zu schaffen und Ihre Erbansprüche erfolgreich durchzusetzen.
Die Zuständigkeit deutscher Gerichte bei internationalen Erbfällen sicher bestimmen
Verstirbt ein Erblasser im Ausland, stellt sich für die Erben zuerst die Frage der Zuständigkeit. Seit Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO) am 17. August 2015 ist primär der „gewöhnliche Aufenthalt“ des Verstorbenen zum Todeszeitpunkt entscheidend. [2] Lebte der Erblasser also zuletzt dauerhaft in Frankreich, sind grundsätzlich französische Gerichte für den gesamten Nachlass zuständig. Deutsche Gerichte können jedoch nach Art. 10 EuErbVO zuständig sein, wenn sich Nachlassvermögen in Deutschland befindet und der Erblasser deutscher Staatsbürger war. [1] In einem solchen Fall kann für das deutsche Vermögen ein internationales Erbrechtverfahren in Deutschland eingeleitet werden. Gab es keinen letzten Wohnsitz in Deutschland, ist oft das Amtsgericht Schöneberg in Berlin für über 2.000 solcher Fälle pro Jahr die zentrale Anlaufstelle. Diese Regelung verhindert, dass Erben für in Deutschland belegenes Vermögen im Ausland klagen müssen.
Den Antragsprozess für den Erbschein korrekt einleiten
Der Antrag auf einen Erbschein muss beim zuständigen deutschen Nachlassgericht gestellt werden. [4] Dies kann entweder direkt schriftlich oder über eine deutsche Auslandsvertretung (Botschaft, Konsulat) erfolgen, die den Antrag beurkundet und weiterleitet. Der Antragsteller muss dabei an Eides statt versichern, dass die gemachten Angaben korrekt sind. Ein entscheidender Punkt ist die genaue Angabe zum Wert des Nachlasses, da dieser die Grundlage für die Gerichtsgebühren bildet. Ein unvollständiger Antrag kann das Verfahren um 4 bis 6 Wochen verzögern. Wir unterstützen Sie dabei, den Antrag bei dem richtigen Nachlassgericht vollständig einzureichen. Der Prozess umfasst typischerweise vier zentrale Schritte:
Zuständiges Gericht ermitteln: Prüfung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts und der Staatsangehörigkeit des Erblassers zur Bestimmung des korrekten deutschen Gerichts.
Antragsformular ausfüllen: Detaillierte Angaben zur Person des Erblassers, den Erben, dem Verwandtschaftsverhältnis und dem Nachlasswert.
Eidesstattliche Versicherung abgeben: Persönliche oder notariell beglaubigte Versicherung der Richtigkeit aller Angaben.
Erforderliche Dokumente beifügen: Sammlung und Einreichung aller notwendigen Urkunden im Original oder als beglaubigte Kopie.
Eine sorgfältige Vorbereitung dieser Schritte ist entscheidend für einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens.
Alle notwendigen Unterlagen für den Antrag zusammenstellen
Für einen reibungslosen Ablauf müssen dem Nachlassgericht alle relevanten Dokumente vorgelegt werden. [3] Fremdsprachige Urkunden erfordern in der Regel eine beglaubigte Übersetzung und oft eine Apostille zur Bestätigung der Echtheit. [2] Fehlende oder falsch aufbereitete Dokumente sind der häufigste Grund für Verzögerungen von über 2 Monaten. Die Beschaffung einer Apostille kann je nach Ausstellungsland 4 bis 8 Wochen dauern. Eine vollständige Liste der Unterlagen ist daher essenziell für einen zügigen Erbscheinsantrag. Hier sind die wichtigsten Dokumente aufgeführt:
Die Sterbeurkunde des Erblassers im Original, gegebenenfalls mit Apostille und Übersetzung.
Personenstandsurkunden (Geburts-, Heiratsurkunden), die das Verwandtschaftsverhältnis belegen.
Ein gültiger Personalausweis oder Reisepass des Antragstellers.
Falls vorhanden, das Testament oder der Erbvertrag im Original.
Nachweise über das in Deutschland befindliche Vermögen (z.B. Grundbuchauszug, Depotaufstellung).
Gegebenenfalls Sterbeurkunden von bereits vorverstorbenen Erben.
Ein detailliertes Nachlassverzeichnis mit Wertangaben.
Die sorgfältige Zusammenstellung dieser Unterlagen beschleunigt das gesamte Nachlassverfahren erheblich.
Deutscher Erbschein versus Europäisches Nachlasszeugnis: Die richtige Wahl treffen
Neben dem deutschen Erbschein gibt es das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ), das in allen EU-Mitgliedstaaten außer Irland und Dänemark gültig ist. [3] Während der deutsche Erbschein ideal ist, wenn sich der Nachlass ausschließlich in Deutschland befindet, vereinfacht das ENZ die Abwicklung bei Vermögen in mehreren EU-Ländern. [4] Ein ENZ benötigt keine Apostille und wird EU-weit anerkannt, was den Prozess um 6 bis 10 Wochen verkürzen kann. Allerdings ist das ENZ nur 6 Monate gültig, während der deutsche Erbschein unbefristet gilt. [1] Beantragt man beide Dokumente, können die Kosten für das zweite Zertifikat um bis zu 75 % reduziert werden. Die Wahl hängt von der internationalen Streuung des Nachlasses ab; eine professionelle Rechtsberatung hilft bei der strategischen Entscheidung.
Kosten und Dauer des Verfahrens realistisch einschätzen
Die Kosten für das Erbscheinsverfahren richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und sind vom Nettonachlasswert abhängig. [5] Für die Erteilung des Erbscheins und die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung fallen jeweils eine 1,0-fache Gebühr an. Bei einem Nachlasswert von 100.000 € betragen die reinen Gerichtsgebühren beispielsweise 546 €. [6] Bei einem Nachlass von 500.000 € steigen die Gebühren auf 1.870 €. [5] Hinzu kommen Kosten für Übersetzungen und Beglaubigungen, die schnell weitere 300 € bis 800 € ausmachen können. Die Dauer des Verfahrens variiert stark und liegt ohne Komplikationen zwischen 3 und 9 Monaten. Eine korrekte Nachlassabwicklung von Beginn an kann die Dauer um bis zu 50 % reduzieren.
Fallstudie: Wie Mandant A durch strategische Planung 12.000 € sparte
Ein Mandant erbte von seiner in den USA verstorbenen Tante ein Immobilienportfolio in Berlin im Wert von 750.000 €. Die US-Behörden stellten nur englischsprachige Dokumente ohne Apostille aus. Die Bank in Deutschland verweigerte den Zugriff auf das Mietkautionskonto mit 15.000 € Einlage. Durch unsere persönliche Beratung konnten wir die notwendigen Dokumente über das deutsche Konsulat in den USA beschaffen und die Apostillierung innerhalb von 6 Wochen erreichen. Wir haben direkt beim zuständigen Amtsgericht in Berlin einen Antrag auf einen gemeinschaftlichen Erbschein für die Erbengemeinschaft gestellt. Durch die korrekte Bewertung des Nachlasses und die Vermeidung eines separaten, teuren US-Verfahrens sparte der Mandant geschätzte 12.000 € an Gebühren und 4 Monate Wartezeit. Dieser Fall zeigt, wie wichtig eine erfahrene anwaltliche Begleitung im Erbrecht ist.
Literatur
FAQ
Was passiert, wenn ich den Erbschein für einen im Ausland verstorbenen Erblasser nicht beantrage?
Ohne einen deutschen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis können Sie in Deutschland nicht über den Nachlass verfügen. Banken werden Konten nicht freigeben und das Grundbuchamt wird keine Immobilien auf Sie umschreiben. Ihr Erbrecht ist ohne diesen Nachweis praktisch nicht durchsetzbar.
Mein Erblasser war kein deutscher Staatsbürger, hatte aber ein Haus in Deutschland. Was nun?
Auch in diesem Fall sind deutsche Gerichte für das in Deutschland belegene Vermögen zuständig. Gemäß der EU-Erbrechtsverordnung kann ein deutscher Erbschein (sogenannter gegenständlich beschränkter Erbschein) für die deutsche Immobilie beantragt werden. Wir beraten Sie zu den spezifischen Anforderungen.
Muss ich für den Erbscheinsantrag persönlich nach Deutschland reisen?
Nein, Sie müssen nicht zwingend nach Deutschland reisen. Der Antrag kann über eine deutsche Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) in Ihrem Land beurkundet werden. Alternativ können Sie uns als Ihre Anwälte bevollmächtigen, den gesamten Prozess für Sie in Deutschland zu führen.
Das ausländische Testament wird in Deutschland nicht anerkannt. Was kann ich tun?
Wenn ein im Ausland errichtetes Testament in Deutschland formunwirksam ist, greift die gesetzliche Erbfolge. In diesem Fall müssen Sie einen Erbschein auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge beantragen. Wir prüfen die Wirksamkeit ausländischer Testamente und unterstützen Sie bei den nächsten Schritten.
Wie kann braun-legal mir bei diesem Prozess helfen?
Wir bei braun-legal bieten Ihnen eine persönliche und umfassende Betreuung. Wir ermitteln das zuständige Gericht, stellen alle Anträge, kümmern uns um die Beschaffung und Beglaubigung internationaler Urkunden und vertreten Sie gegenüber deutschen Behörden. Unser Ziel ist es, den Prozess für Sie so schnell und kosteneffizient wie möglich zu gestalten.
Was ist eine Apostille und wo bekomme ich sie?
Eine Apostille ist eine international anerkannte Echtheitsbestätigung für öffentliche Urkunden. Sie wird von einer dazu bestimmten Behörde des Landes ausgestellt, in dem die Urkunde (z.B. die Sterbeurkunde) ausgestellt wurde. Sie bestätigt, dass die Unterschrift auf dem Dokument echt ist.